1967/1968 19. Spieltag: 1. FC Magdeburg - FC Carl Zeiss Jena 3:2

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Spieldaten
Wettbewerb DDR-Oberliga, 19. Spieltag
Saison Saison 1967/1968, Rückrunde
Ansetzung 1. FC Magdeburg - FC Carl Zeiss Jena
Ort Ernst-Grube-Stadion in Magdeburg
Zeit Sa. 30.03.1968 15 Uhr
Zuschauer 40.000
Schiedsrichter Wolfgang Riedel (Berlin)
Ergebnis 3:2
Tore
  • 1:0 Sparwasser (25.)
  • 2:0 Sparwasser (57.)
  • 3:0 Seguin (82., Foulstrafstoß)
  • 3:1 Werner (85.)
  • 3:2 Schlutter (90.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Magdeburg
Gert Jüsgen
Günter Kubisch, Günter Fronzeck, Manfred Zapf, Rolf Retschlag
Wolfgang Seguin, Heinz Steinborn
Hermann Stöcker, Hans-Joachim Walter, Jürgen Sparwasser, Wolfgang Abraham (75. Reinhard Segger)
Trainer: Heinz Krügel
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Jena
Wolfgang Blochwitz
Heinz Marx, Peter Rock, Michael Strempel (62. Werner Krauß), Jürgen Werner
Udo Preuße (46. Gerd Brunner), Rainer Schlutter
Helmut Stein, Peter Ducke, Dieter Scheitler, Roland Ducke
Trainer: Georg Buschner


Spielbericht

Stein gegen Retschlag , Zapf und Kubisch
Seguin verwandelt den Elfer zum 3:0

Von der Begeisterung getragen...

Der Magdeburger Kapitän Hermann Stöcker lächelte ein wenig verschmitzt, als wir uns vor dem Anpfiff trafen: "Am Mittwoch im Pokalspiel haben wir uns ein wenig geschont. Ich spreche das aus, obwohl das nicht einmal unser Trainer wissen sollte. Doch heute wollen wir´s unbedingt packen!" Und wenn ein neutraler Beobachter nach dem Schlußpfiff feststellte, daß sogar Hermann Stöcker das Kämpfen gelernt habe, dann kann das der elegante Flügelstürmer durchaus als Kompliment verbuchen und als Anteil an diesem hochwichtigen Sieg seiner Mannschaft, obwohl er in der 47. Minute nach kluger Vorarbeit Sparwassers die wohl größte Chance vergab.

Sicher gibt es die unterschiedlichsten Ansichten über die Ursachen dieses Erfolges der Magdeburger. Uns schien, als habe Heinz Krügel schon vor dem Anpfiff den wichtigsten Faktor genannt. "Begeisterung zu schaffen. Darauf kam es an, als ich die Truppe übernahm. Heute kann ich sagen, daß mir das gelungen ist. Meine Mannschaft zeichnet sich durch ihre Begeisterungsfähigkeit aus, die sich auf eiserner Disziplin gründet. Das ist unser ganzes Geheimnis, wenn man so will. Dieser Prozeß ist längst nicht abgeschlossen, doch ich meine, daß es uns weitgehend gelungen ist, in der Magdeburger Öffentlichkeit für Stimmung zu sorgen, ein Wechselverhältnis herzustellen zwischen Zuschauern und Spielern." Neidlos anerkannte Georg Buschner den verdienten Sieg des 1. FCM: "Die Magdeburger waren an diesem Tage einwandfrei besser. Wenn ich sage, daß dem entscheidenden zweiten Treffer Sparwassers ein Foul vorausging, dann nicht, um an dem Sieg zu deuteln. Der 1. FCM wurde auf der Woge der Begeisterung zum Erfolg getragen, zu einem völlig verdienten Erfolg."

In beiden Äußerungen spielt also das Wort BEGEISTERUNG eine Rolle. Untersuchen wir das ein wenig:

Hohes Tempo angeschlagen

Wer erlebte, wie stürmisch die Männer um Kapitän Stöcker begannen, wie sie zunächst die Gäste in ihrem Strafraum einschnürten (zeitweise stand nur P. Ducke in der Magdeburger Hälfte), wie sie drängten und kämpften und ein enorm hohes Tempo anschlugen, der fürchtete erst ein wenig darum, daß diese Mannschaft kaum in der Lage sei, dieses Tempo durchzuhalten. Doch die Zweifler, zu denen sich auch der Verfasser zählte, wurden eines anderen belehrt.

Das darf ebenso als Ausdruck dieser Begeisterung gewertet werden wie es auch seine Ursache darin findet, daß der 1. FCM sich zuerst auf seine spielerische Linie besann, Kombinationsfäden zu spinnen begann, wofür insbesondere Steinborn, der überdies Schlutter weitgehend ausschaltete, und auch Seguin sorgten. So wurde diese Begeisterung in die entsprechenden Bahnen gelenkt, mit den spielerischen Mitteln verbunden und auch dadurch dafür gesorgt, daß sie um so nachhaltiger auf das Publikum wirkte, das neunzig Minuten lang in schöner Harmonie hinter seiner Mannschaft stand.

Hervorragender Sparwasser

Und auch daran läßt sich ablesen, was es mit der Begeisterung der Magdeburger Elf auf sich hat, die in den letzten Wochen zu einem Höhenflug ansetzte, wie wir es ihr nicht zugetraut hätten: Daß Sparwasser ein Talent ist, das ist seit langem bekannt. Doch offensichtlich gab es Entwicklungsschwierigkeiten. "Der junge Mann muß wissen, was er will", sagte Heinz Krügel vor Monaten. "Vor allem muß er sich einordnen lernen." Und auch dieser Prozeß, sicher nicht ohne Rückschläge abgehend, scheint im Interesse des Talents, das sich auf dem Weg zum Könner befindet, und auch der Mannschaft Fortschritte zu machen. Sparwasser bot an diesem Tage eine ganz hervorragende Leistung, war eine echte Spitze, äußerst lauffreudig und schußstark. Davon zeugen nicht nur die beiden Treffer (dem Strafstoß ging ein Foul von Krauß an Sparwasser in aussichtsreicher Position voraus), sondern zahlreiche weitere Schüsse, bei denen sich Blochwitz (aber die Abschläge!) als Könner erwies (63., 78.) und von denen einer (72.) an den Pfosten krachte. In dieser Form - die jedoch ständig Fleiß und Bescheidenheit voraussetzt! - ist Sparwasser von den Auswahltrainern bald nicht mehr zu übersehen.

In der Tat, diese Begeisterung zeichnete jeden einzelnen der Magdeburger aus, und in der Summe brachte das ein so festgefügtes Kollektiv hervor, wie es die Jenaer am Sonnabend antrafen. Dafür können neben Sparwasser insbesondere Fronzeck und auch Walter stehen. Wie klug und einsatzstark der Stopper zu Werke ging (ein riskantes Zuspiel vor der Pause und Nachlässigkeiten zum Schluß trüben diesen Eindruck kaum) nötigte ebenso Achtung ab wie die unermüdliche Laufarbeit, das ständige Nachsetzen des Stürmers.

So konnte das Tempo bis in die Schlußphase gehalten werden, wobei nach dem 3:0 die Konzentration nachließ, was Jena sofort mit zwei blitzsauberen Treffern bestrafte.

Jena mit Ausfällen

Ohne Zweifel ist auch die sonst taktisch so clevere Elf des FC Carl Zeiss begeisterungsfähig. Diesmal jedoch ließ sie ihre Geschlossenheit, sonst ihre Stärke, vermissen. Freilich setzte man sich nach dem ersten Magdeburger Ansturm einige Male gut in Szene, hatte auch P. Ducke später, in der 71. Minute eine große Chance, traf jedoch nur die Latte, insgesamt allerdings blieb die Mannschaft diesmal unter ihren Möglichkeiten, weil es zu viele Ausfälle gab. Nach dem 0:2 taten sich dann zudem noch Deckungslücken in einem Maße auf, wie man sie kaum in der gesamten Saison bisher sah. Immerhin steckten die Jenaer trotz des Drei-Tore-Rückstandes niemals auf, zeigten sich auch in dieser Hinsicht als ein würdiger Spitzenreiter, wurden dafür noch belohnt und gestalteten das Resultat freundlicher, ohne aber den Sieg gefährden zu können. Auf alle Fälle hatten sie Anteil daran, daß Magdeburg eines der besten Spiele dieser Meisterschaft sah, wofür insbesondere dem Sieger Anerkennung gebührt.

Zwei Magdeburger wurden in der FUWO Spieler des Tages : Achim Walter und Günter Fronzek .

Zum Schiedsrichterkollektiv: Riedel war zumeist auf Ballhöhe, und das will bei dem hohen Tempo und bei der nicht minder hohen Temperatur - 25 Grad - einiges heißen! Er war kleinlich, wenn es erforderlich war, großzügig, wenn es dem Spielfluß diente. Zwei-, dreimal hätten wir uns auch bei Magdeburger Attacken energischeres Durchgreifen gewünscht. Daß keine Verwarnung ausgesprochen wurde, spricht für die Aktiven und für den Unparteiischen gleichermaßen.

(Klaus Schlegel in "Die Neue Fußballwoche" vom 2. April 1968)

Reserven : 4:0 - Jena : Keller , Franke , Störzner , Schmidt , Pfannschmidt , Freitag , Ufert , Dreier (Frankowski) , Hadersbeck , Milas , Brambor (Rauchmaul) - Tore : Wulst 2 , Hirschmann , Dr. Rönnebeck