2007/2008 23. Spieltag: FC Carl Zeiss Jena - SV Wehen Wiesbaden 2:2
Spieldaten | |
Wettbewerb | 2. Bundesliga, 23. Spieltag |
Saison | Saison 2007/2008, Rückrunde |
Ansetzung | FCC - SV Wehen Wiesbaden |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | So. 09.03.2008 14:00 Uhr |
Zuschauer | 6.721 |
Schiedsrichter | Markus Wingenbach (Diez) |
Ergebnis | 2:2 |
Tore | |
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Aufstellungen
- Jena
- Vasili Khamutouski
- Alexander Maul , Robert Müller , Michael Stegmayer
- Patrick Amrhein , Torsten Ziegner , Niels Hansen (75.Stefan Kühne) , Tobias Werner
- Jan Šimák
- Marcel Schied (73.Nils Petersen) , Sami Allagui
Trainer: Henning Bürger
- Wehen
- Thomas Richter
- Dajan Simac (76.Torge Hollmann) , Marko Kopilas , Kristjan Glibo , Ales Kokot (67.Valentine Atem)
- Benjamin Siegert , Sandro Schwarz , Patrick Bick (84.Dennis Schmidt) , Maximilian Nicu
- Ronny König , Bakary Diakité
Trainer: Christian Hock
Anmerkung
Sami Allagui wird in die Kickerelf des Tages gewählt und ist auch Spieler des Spiels .
Spielbericht
Falscher Gott, oder?
2 Halbzeiten - 2 FCC-Gesichter - 2:2 am Ende
Wer da bisher glaubte, beim Fußball genüge es, sich lediglich des Wohlwollens des Fußballgottes (dessen Stellvertreter auf Erden kürzlich per Elfmeter nicht nur zum Pokal- sondern auch zum Klingeltonhelden wurde) zu versichern, der kennt den FC Carl Zeiss Jena schlecht. Natürlich spielte Thüringens ewige Nummer Eins im Fußball auch heute wieder göttlich – allerdings hatte man sich mit dem alten Römer Janus den falschen göttlichen Spieltagspaten ausgesucht.
„Wenn ich das sehe, dann könnte ich mich glatt zu Gewalt hinreißen lassen!“ Mit diesem bemerkenswerten Spruch entstieg mein ansonsten eher dem Pazifismus verpflichteter Beifahrer auf Jenas Stadionparkplatz dem Auto. Dort befand sich auch der Grund jenes verblüffenden Statements: ein Häuflein „Fans“ des SV Wehen-Wiesbaden-Undwasmansonstnochsodranhängenmussumdenortzufinden begaben sich gen EAS und zwei davon entblödeten sich nicht beschämend alberne Hühner-Perücken zu tragen. Dies sehend, verstand ich obigen Kommentar sehr gut, denn wer im März zum Fußball in einem derart geschmacklosen Karnevalskostüm erscheint, sollte sich doch eher um eine zügige Behandlung kümmern. Im Stillen ertappte ich mich dabei mir zu wünschen, Mannschaften wie Hoppenheim und Wiesbaden sollten in die 1. Bundesliga aufsteigen. Würden sie nicht den aufgeblasenen Event-Hype dieser Veranstaltungen trefflich konterkarieren!
Zur selben Zeit praktizierte der FCC mal wieder die eher provinzielle Form von Marketing. Nach dem Vereinsmitglieder und DK-Inhaber ihr, ihnen zu recht eingeräumtes Vorkaufsrecht wahrgenommen hatten, galt es verbliebenen Karten unters blaugelbweiße Volk zu bringen. Durchaus denkbar wäre ja gewesen, dass ein Zweitligaverein in der Lage ist, sich einige mobile Kartenhäuschen zu besorgen, die Karten dann im Stadion zu verkaufen und damit sicherzustellen, dass auch gegen eine Truppe wie die sogenannten Wiesbadener noch einige Zuschauer mehr im Stadion sind. So musste man erleben, dass Kartenkäufer nach dem Erwerb derselben wieder autowärts liefen, heimwärts fuhren und sich einen Kehricht um den Ligaalltag kümmerten … Vor dem FP galt es noch ein wenig zu feiern, immerhin ist die FCC-Fan-Gemeinde seit dem Tage vor dem Stuttgart-Spiel wieder (um ein „Böhnchen“) größer geworden. Herrlich auch der als Geschenk überreichte winzige blaugelbweiße Schal, die blaugelbweiße Babystrickjacke und das richtigfarbene Minimützchen. Ansonsten wurde eifrig darüber debattiert, ob denn eine Schiffsreise nach Island im Spätsommer angebracht wäre oder ob es doch besser mit dem „SC-Flieger“ auf die Insel gehen solle …
Damit die Unseren schon mal ein wenig üben könnten, hatten sich die sogenannten Wiesbadener in Schwarz und Gelb gehüllt. Bürger hatte sich entschieden, Omo eine Denk- und Spielpause zu gewähren und außerdem mit Allagui ein Offensiv-Zeichen gesetzt. Und von Beginn an schien es so, als hätten die Pokalhelden sich das Südkurven-Banner „Wer nicht kämpft hat schon verloren!“ verinnerlicht. Bereits nach einer Minute hätte der erste Torschrei erschallen müssen! Herrlich war Allagui freigespielt worden und brauchte den Ball nur noch mutig in’s Tor zu drücken. Tat er aber nicht, sondern versuchte sich an einem Querpass – Angst war noch nie ein guter (Fußball-)Ratgeber … (1.) Schon zwei Minuten später der nächste feine Spielzug über rechts, dann ein Zuspiel auf Schied und dessen Schussversuch wird im letzten Moment abgeblockt. (3.) Dem folgte ein 25-Meter-Freistoß Ziegners, erneut von rechts – Wiesbaden konnte köpfend klären. Wieselflink und gänzlich unbeschwert wuselten die Guten weiterhin über den geheiligten Rasen. Nach 8 Minuten setzte Amrhein Ziegner in Szene, der passte auf den zur Grundlinie startenden Schied- seine Eingabe greift sich Richter am kurzen Pfosten. Wieder nur eine Minute später hatte Wiesbaden erneut Dusel, als Müller, im Sechzehner stehend, eine Freistoßhereingabe Ziegners nicht voll traf. Was waren das für wunderbare 10 Anfangsminuten des Pokalsiegerbesiegers! 11 Minuten dauerte es, bis Wiesbaden erstmals gelang, was sie ansonsten angeblich so gut beherrschen, ein Konter. Er endete so, wie das Gästespiel bis dahin – harmlos. In Minute 12 war dann mal wieder die Zeit des kollektiven Zungenschnalzens angebrochen. Die Augen zum Leuchten bringend spielte sich Simak doppelpassend in des Gegners Sechzehner, zog aber eine Sekunde zu spät ab. (12.) Noch in selbiger Minute schlägt Ziegner einen Freistoß aus 25 Metern auf den langen Pfosten, mühevoll können die Gäste klären. Dann dribbelt Schied die rechte Seite entlang und wird gefoult. Den fälligen Freistoß zieht Simak in den Strafraum – Wiesbadens Abwehr kann dazwischen gehen. Jena war zu diesem Zeitpunkt die absolut spielbestimmende Mannschaft, von Wiesbaden war überhaupt nix zu sehen. Wenn es etwas an den Weißen zu bemängeln gab dann dies: Aus ihrer spielerischen und optischen Überlegenheit entsprangen zu wenig echte Torchancen. Nach 21 Minuten wurde Schied vor der Tribüne erneut umgesäbelt. Wieder bringt Ziegner den Freistoß herein und diesmal hat Richter seine liebe Müh’ und Not, um da noch eine Faust an den Ball zu bekommen. Ecke Jena. Als diese schon abgewehrt schien, kam die Murmel zu Simak. Stahlhart hämmerte der diese auf’s Tor und nur Dank eines Richterreflexes blieb es beim 0:0. Wieder Ecke. Nun kommt der Ball zu Werner, aber dessen strammen und flachen Schuss kann einer der Gäste gerade noch so aus der Gefahrenzone schlagen. Jenas Spiel nahm rauschhafte Züge an und der leiderprobte Zeissfan an sich schien sein Glück kaum fassen zu können. Nach 22 Minuten war Allagui auf links frei, aber wieder wartet er zu lange mit dem richtigen Abspiel. Aber 60 Sekunde später legte der immer anspielbereite Allagui per Kopf für Werner auf, dessen 25-Meter-Volley-Kracher aber über das Gebälk zischt.
Erlösendes endlich nach 25 Minuten: Wie am berühmten Schnürchen wanderte der Ball über Jan Simak zu Allagui und weiter zu Schied. Schnurstracks und einsam zog der auf Richter zu und schob den Ball unter diesem durch den Ball zum 1:0 in’s TOOR! Nie war die Floskel von der verdienten Führung passender.
Nach 28 Minuten muss dann auch Vasili K. mal ernsthaft zupacken und fängt einen hohen Freistoß sicher. Warum die Wiesbadener Attacke gegen Vasili pfifflos blieb, war rätselhaft. Nach 31 hätte Hansen seine bis dahin tadellose Leistung krönen können. Schade nur, dass Richter dessen tollen Kopfball nach Werner-Ecke zur nächsten klären konnte. Kurz nach dieser erkämpft sich Ziege den Ball und spielt Werner an. Hurtig passt der weiter zu Allagui. Allagui dreht sich gelenklos wie ein chinesischer Staatsartist um eine hölzerne Wiebadener Abwehratrappe und knallt den Ball torwärts. Abklatschen zu lassen, ist das Einzige, was Richter übrig bleibt. Tobi hat’s geahnt, steht richtig und drückt den Ball seelenruhig über die Linie in’s TOOOR! 2:0! (33.) Die Ruhmreichen setzen nach! Simak spielt rechts Amrhein an und der tanzt elegant 3 Gegenspieler aus, bevor er zu Hansen weiter spielt. Nach dessen Schuss bleibt aber nur eine Ecke auf der Habenseite. (35.) Wiesbaden versucht einen Angriff, aber der FCC startet einen Konter. Als Allagui im Mittelkreis das Leder locker an seinem Gegenspieler vorbei zieht, fährt der die Hand aus und unterbindet den Jenaer Angriff. Da Herr Wingenbach das nicht pfeift und auch nicht mit der einzig angebrachten Karte ahndet, starten nun die Gäste ihrerseits einen Angriff – den finalen Kopfball fängt Vasili K. mitleidig schmunzelnd. (38.) Dann ist wieder allaguische Leidenszeit. Herrlich spielt Sami sich in den 16-er und scheitert gleich 2x an Richter. Was hätte ich dem Jungen die Kiste gegönnt! (40.) Jenas bis dahin aufmerksame Abwehr zeigt dann, dass sie (natürlich) auch anders kann, verfällt dem Schlendrian und Wiesbaden kommt Dank Vasili K. nur zu einer Ecke. (42.) Schlusspunkt der ersten Halbzeit ist dann ein Stegi-Schuss nach Amrheins Querpass – allerdings vorbei. (45.)
Man glaubte, es immer gewusst zu haben, wozu dieses FCC-Team fähig ist. Es dann aber 45 Minuten auch mal erlebt zu haben und das auch noch garniert mit 2 herrlichen und verdienten Toren, das überraschte dann schon. Ein wie immer souveräner Vasili K. im Tor; eine funktionierende und meist sichere Dreier-Abwehr-Kette; ein agiles und kreatives Mittelfeld (in dem sich Simak gelegentlich eine Pause gönnte, Ziege dafür um so eifriger rackerte und ein Sturm, der diesen Namen endlich mal verdient hatte (auch wenn der eifrige und immer anspielbare Allagui mindestens ein Tor hätte machen müssen). So unverkrampft erfrischenden Fußball in Blaugelbweiß hatte man lange nicht gesehen. Wiesbaden hatte nicht den Hauch einer Chance, agierte völlig ideen- und konzeptlos, war lediglich Staffage. Aber einen Vorwurf mussten sich die Meisterbesieger gefallen lassen: eine derart selbstgefällige Hustentruppe wie Wiesbaden hätte man schon zur Halbzeit mit 5:0 auf Nimmerwiedersehen aus dem Stadion kanonieren müssen. Janus, Gott der Türen, Tore und des Anfangs hatte mit 2 Toren Pate gestanden – das könnte ein guter (neuer) Anfang sein …
Schon die erste Aktion der zweiten 45 Minuten bereitete zwiespältige Gefühle. Plötzlich waren zwei Wiesbadener frei vor unserem Strafraum und Alex Maul musste all seine Routine abrufen, um klärend gegen zu halten. Nach 47 Minuten zirkelte dann wieder mal Jan Simak einen Freistoß von links auf die lange Ecke – Richter hatte aufgepasst. Drei Minuten später wurde Allagui herrlich am Strafraum von Simak angespielt und gefoult, den Freistoß gab’s aber in die andere Richtung. Seltsam auch, dass der Linienrichter auf der Tribünenseite in Minute 52 halbschlafend vor sich hindöste und übersah, wie ein Wiesbadener rechts mindesten 2 Meter im Abseits rumturnte. Vasili K. beendete den Unfug. Nach einem abgewehrten Ziege-Freistoß in Minute 54 vergingen 2 Minuten und Vasili K. konnte erneut seine Klasse beweisen. Einen Kopfball aus 5 Metern Entfernung, der einen gefährlichen Gästeangriff abschloss, entschärfte er bravourös. Langsam wurde klar, dass uns Jenas Defensive auch heute nicht ganz ohne Haareraufen heimschicken wollte. So kommen die Wiesbadener nach etlichen Jenaer Nachlässigkeiten zu einem 16-Meter-Schuss und wieder muss sich Vasili K. als exzellenter Torwächter positionieren. (56.) Ähnliches ließe sich von Minute 60 berichten, hier unterband der Schiri dann aber wegen eines Fallrückziehers am Mann den Angriff der Gäste. Den Weißen schienen langsam die offensiven Ideen auszugehen, denn gut ausgespielt wurden unsere Angriffe nun nicht mehr. So dauerte es bis zur 65. Minute, ehe Stegi mal wieder in der Offensive auftauchte, sein 22-Meter-Schuss wurde aber abgewehrt. Dass Simak gerade eine Kreativpause eingelegt hatte, zeigte auch sein harmloser Freistoß in Minute 68 – ein eher ungewohntes Bild. Doch kurz darauf zeigte er sein anderes Gesicht, inszenierte einen feinen Angriffszug gemeinsam mit Ziegner und Jena kommt zu einer weiteren Ecke. In deren Folge zieht Sami Allagui zehntelsekundenschnell aus der Drehung ab – Richter kommt noch ran. Dann passierte knapp 10 Minuten lang so gut wie nichts – Zeit, in Erinnerungen an HZ 1 zu schwelgen. Nach 76 Minuten dann ein Wiesbadener Angriff, bei dem einer der Angreifer die Hand zu Hilfe nimmt, aber derartiges wird ja seit vergangener Woche nicht mehr gepfiffen … Erneut eine Minute später sorgte dann Alex M. für Aufregung. Wegrutschend ebnete er einem Gelben freie Bahn, was folgte, war allerdings ein harmloser Schuss Richtung Videowand. Aus der allgemeinen Thüringer Lethargie brach dann nach 78 Minuten Allagui aus. Düsenangetrieben zischte er rechts strafraumwärts und hatte Pech, dass sein Querpass zum mitgelaufenen Simak den Adressaten nicht fand. Es begannen die letzten 10 Minuten. Einen Wiesbadener Angriff klärt Vasili K. zur Ecke. Als diese schon abgewehrt schien, kommt der grottenschlechte Diakite aus 18 Metern zum Schuss und 5 Meter vorm Tor versucht sich Tobi Werner als Retter. Da dies gründlich misslang (z. T. wurde später behauptet, der Ball hätte sein Ziel verfehlt) stand es plötzlich nur noch 2:1. (81.) Naja, wenn die biederen Hessen kein Tor schießen, dann eben so …
Nach dem Janus soeben den böseren Teil seines doppelten Gesichtes gezeigt hatte, wäre nun also wieder der bessere Teil an der Reihe gewesen: Der eingewechselte Kühne schickt Allagui, der rechts Simak sucht und findet. Der versucht es aus 18 Metern – Eckball. Wieder kommt der Ball zu Allagui. Samtig schwebt dessen Flanke n den Strafraum und Petersen, die Grasnabe rasierend, dieser entgegen. Genau richtig erwischt er flughechtend den Ball per Kopf und dieser schlägt … an den Pfosten. Auch die nächste Chance erarbeiten Petersen und Allagui im Duett. Letzterer behauptet sich bärenstark am 5-Meterraum und passt zum Jungnationalspieler zurück. Aus 16 Metern schießt der sofort ab – vorbei. (86.) Noch eine Minute. Ein Jenaer (Ziege?) verliert den Ball im rechten Mittelfeld. Wiesbaden spielt nach vorne und es folgt eine hohe Flanke. Konfusion, Angst und Panik bemächtigen sich gemeinsam der Jenaer Verteidiger. Der Ball irrlichtert hektisch durch unseren Strafraum. Einige Jenaer verharren außerdem wie einbetoniert. So sind die Wiesbadener plötzlich in Überzahl und stochern den Ball unbeholfen, unverdient und doch zählend über die Linie. 2:2 (89.) An diesem Endstand änderte auch Simaks Freistoß in der 90. Minute aus 20 Metern nichts mehr, Richter hielt das Remis fest.
Wer sehen wollte, wozu der FCC in der Lage sein könnte, der dürfte sein Kommen in Halbzeit Eins heute nicht bereut haben. Wer sehen wollte, warum der FCC derzeit nur 17. der Tabelle ist, konnte dies in Halbzeit Zwei heute kopfschüttelnd tun. Selten spielte ein Jenaer Team 2 Halbzeiten derart janusköpfig.
Aber Janus’ Doppelgesichtigkeit gemahnt noch anderes: Es gilt nicht nur Vergangenes zu betrachten, sondern auch Zukünftiges. Das beginnt in Offenbach und geht dann weiter in …
Nur der FCC!
YNWA
--Kopfnuss