2007/2008 33. Spieltag: FC Carl Zeiss Jena - 1. FC Kaiserslautern 2:2
Spieldaten | |
Wettbewerb | 2. Bundesliga, 33. Spieltag |
Saison | Saison 2007/2008, Rückrunde |
Ansetzung | FCC - 1. FC Kaiserslautern |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | So. 11.05.2008 14:00 Uhr |
Zuschauer | 11.162 |
Schiedsrichter | Dr. Felix Brych (München) |
Ergebnis | 2:2 |
Tore | |
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Aufstellungen
- Jena
- Vasili Khamutouski
- Sven Günther , André Schmidt , Robert Müller , Michael Stegmayer
- Felix Holzner , Niels Hansen , Patrick Amrhein (46.Richard Kolitsch)
- Ilia Kandelaki
- Marcel Schied (81.Sami Allagui), Sándor Torghelle (74.Nils Petersen)
Trainer: Henning Bürger
- Kaiserslautern
- Tobias Sippel
- Sven Müller , Moussa Ouattara , Fabian Schönheim , Axel Bellinghausen
- Sascha Kotysch (46.Christopher Lamprecht) , Aimen Demai
- Stefan Lexa (64.Björn Runström) , Steffen Bohl , Josh Simpson
- Marcel Ziemer (60.Erik Jendrisek)
Trainer: Milan Sasic
Anmerkung
Sven Günther wird in die Kickerelf des Tages gewählt
Spielbericht
Wer führt Regie?
Jena kämpft, Kaiserslautern hofft. Am Ende 2:2 im EAS
Ob Steven Spielberg, Pedro Almodovar, Krysztof Kieslowski, Woody Allen, Aki Kaurismäki oder Shekhar Kapoor heute im Jenaer EAS anwesend waren, ist unbekannt. Dabei würde sich die Reise nach Thüringen momentan lohnen. Vieles, was rund um den FCC derzeit geboten wird, ist nämlich absolut drehbuchreif. Wollten die Herren Regisseure daraus nun einen Krimi, ein Lustspiel, einen Actionthriller, einen Western, ein Drama um Liebe und Haß oder eine Screwball-Comedy basteln – egal, Stoff böte sich für jedes Genre.
Anwesend war auf jeden Fall mal wieder der lange Bergenser, der am Fanprojekt eine kleine Überraschung erlebte, immerhin hatte er mit einem FCC-Fan aus Ǻlesund norwegische Verstärkung erhalten. Nicht anwesend jedoch war jener Fan des FC Carl Zeiss, der zwar seinen Flug aus Beirut schon gebucht hatte, aber wegen der derzeit unübersichtlichen Situation den Libanon leider nicht verlassen konnte. Immerhin konnte er den Spielverlauf via Internet verfolgen. Wenigstens ein kleiner Trost.
Letztmalig anwesend als Kicker des FCC waren (voraussichtlich) z. B. Tobias Werner und Jan Simak, die beide vom Jenaer Publikum verabschiedet wurden. Seitens des Vereins gab es u. a. einen extra gestalteten blaugelbweißen Blumenstrauß zum Abschied. Immerhin blieb ihnen damit erspart, was Jens-Uwe Penzel einst widerfuhr. Als der den Verein nach rund zwanzigjähriger Zugehörigkeit als Aktiver (insgesamt 243 Spiele / 3 Tore) einst verließ, erhielt er einen Strauß, dessen Plastikfolie und Etikett noch Rückschlüsse darauf zuließen, an welcher Jenaer Tankstelle er eilig gekauft wurde. Wie gut hatte es dagegen der Halbjahresgast im EAS, Munever Krajisnik, der in der Saison 1990/91 sage und schreibe 24 Spiele absolvierte, unglaubliche 3 Tore erzielte und für diese „grandiose“ Leistung auch noch die „Silberne Ehrennadel des FCC“ erhielt.
Anwesend waren auch rund 2.500 Anhänger des Vereins aus dem pfälzischen Niemandsland. Daß ihrem Verein die widerwärtigste aller Farbkombination zu eigen ist, schien ihnen dabei nicht schlimm genug, so hüllten sie sich auch noch größtenteils in hier jahrzehntelang „liebgewonnenes“ BFC-Weinrot. Aber vielleicht muß das bei Politiker-Kuschelvereinen einfach so sein? Wetter, Publikum, Stimmung, Tabellensituation – für einen Abstiegskrimi oder ein Abstiegsdrama waren beste Voraussetzungen gegeben.
FCC-Coach Henning Bürger hatte im Vergleich zum vergangenen Dienstag noch einige Umbesetzungen vorgenommen, Torghelle gebracht und mit Holzner, Amrhein und Debütant Schmidt 3 Akteure der Generation Zukunft auf sie Besetzungsliste gesetzt.
Nach 2 Minuten stieg Torghelle zum ersten Kopfball hoch und er Doktor aus München tat, was unter der DFB-Schiri-Gilde mittlerweile zum dauerhaft schlechten Stil gehört: Aktion abpfeifen und Gelb zücken. Anschließend versuchten die Lieblinge des Herrn Beck früh zu attackieren, den FCC schon in dessen Hälfte zu stellen. Das gelang bis zur 6. Minute. Dann setzte Stegi sehr schön Schied links im Strafraum ein und der hielt einfach mal drauf. Sippel wehrte zur Seite ab. Aber genau da kam unwiderstehlich der rasende Ungar angerauscht und drückte den Ball as Nahdistanz über die Linie ins TOOOR! 1:0 (6.)
Dann schien alles wie immer. Schon im Gegenzug herrschte Panik im FCC Fünfmeterraum samt fröhlichem Gestocher und Gestakse, doch es reichte nur zu einer Ecke für die Ekelfarbenen und diese schnappte sich Vasili K. 2 Minuten später segelte ein langer Freistoß in den FCC-Strafraum. Sofort taten 2 Rote das, was sie und ihre Kameraden in der Folgezeit noch häufiger tun würden – sie stürzten sich ins Abseits. Das „Tor“ konnte also nicht gelten. Schon nach 10 Minuten war das Spiel umkämpft, hatte verbissene Szenen und es herrschte beste Stimmung. Nur Jenas ansonsten toller Torwächter Vasili K. schien heute die Fußballschuhe mit Ballettschuhen verwechselt zu haben. Aber eine derart „unglückliche“ Streuung seiner Abschläge hatte man seit Sprotte Grapenthin nicht mehr im EAS gesehen. Lautern hatte dann zwar die bessere Raumaufteilung, spielte aber recht langweilig nach vorn. Daß Brych dabei in Minute 15 Günther für dessen erstes und auch noch harmloses Foul im Spiel gleich Gelb gab, war dagegen eine Frechheit.
Als der Elan der Gäste erstmals nachzulassen schien, hätte Felix Holzner gleich nachlegen können. Seinen 25-Meter-Schuß nach Hansen-Zuspiel konnte Sippel gerade noch so um den Pfosten drehen. (18.) In der Folgezeit schienen die Gäste reichlich ratlos und nahmen auch die vielen Geschenke Brychs nicht an, der sich entschieden hatte, einfach mal jeden Zweikampf als freistoßwürdig für den FCK anzusehen. Als dann Amrhein in Minute 33 übel umgetreten wurde, verspürte der Münchner auch keinerlei Lust, Gelb zu zeigen. Unglaublich. Ähnliches in Minute 34. Bei seinem ersten Versuch über die linke Seite mißglückte Kandelaki die abschließende Flanke. Also unternahm er einen weiteren Versuch, wird umgegrätscht – und das Spiel lief weiter. Dafür sah dann aber wenige Sekunden später Müller Gelb. In der 36., 38. und 40. Minute setzte dann wiederum der FCC offensive Zeichen, aber Schied, Torghelle, Stegmayer und Amrhein blieben erfolglos.
Vasili K. sorgte dann in Minute 41 dafür, daß der FCC führend in die Pause traben konnte. Wie Vasili Bohls Kopfball aus dem Eck kratzte, erinnerte dann auch wieder an Sprotte. Jetzt aber zum Glück im positiven Sinne. Das Kurioseste hatten sich die Abgesandten des DFB allerdings für die Nachspielzeit der ersten Halbzeit aufgehoben. Ohne jeglichen Grund bekamen die weinroten DFB-Hätschelkinder eine Ecke zugesprochen. Aber damit noch nicht genug. Als diese abgewehrt war und der Ball erneut in Jenas Strafraum befördert wurde, hätte der Assistent auf der Tribünenseite mit seinem Fähnchen wildes Armkreisen aufführen müssen, immerhin tummelten sich gleich 5 Angreifer im Abseits. Womit keiner rechnen konnte, geschah: die Fahne blieb unten. Ouattara tat dann noch fix so, als sei er ein Fußballkünstler und beförderte den Ball per Fallrückzieher über das Tor.
Am Ende der ersten Halbzeit hatten die FCC-Akteure den von Bürger geforderten Profi-Charakter bewiesen und ein achtbares Spiel abgeliefert. Lautern verfügte zwar oftmals über die bessere Spielanlage und Raumaufteilung, aber in Sachen Einsatz und Kampf blieben die Unseren nichts schuldig. Hervorragend klappte auch die Abseitsfalle, in die die Lauterer im Dutzend tappten. Da Vasili K. es heute gelegentlich an Kaltschnäuzigkeit mangeln ließ, war im weißen Trikot einer der beste Mann auf dem Acker, der in Jena selten eine (Fan-)Lobby hatte und den viele schon abgeschrieben hatten: Sven Günther. (Er blieb es bis zum Ende.) Aber auch Holzner, Amrhein und Schmidt boten Erfrischendes.
Eine Anmerkung noch zur Jenaer Südkurve. Diese zeigte zu Spielbeginn eine durchaus nachvollziehbare Choreographie gegen Schäubles psychopathisch anmutenden Überwachungswahn unter dem Motto „Freiheit stirbt mit Sicherheit“. Anschließend hing dort das Konterfei Schäubles mit der Untertitelung „Stasi 2.0“ Ob dieser Vergleich legitim ist oder nicht, darüber soll hier nicht gerichtet werden. Erlaubt sei aber die Frage, ob es denn wirklich „gute“ (wenn das Thema genehm ist) und „böse“ (wenn das Thema eben nicht genehm scheint) Stasi-Vergleiche gibt? Nur mal so als Frage …
Was mit ihm als Chefcoach zu erwarten ist, zeigte Bürger mit Beginn der 2. Halbzeit, als er mit Kolitsch einen weiteren A-Jugendlichen aufs Feld schickte. Erstaunlich, daß die einzig durchdachten Offensivaktionen bis zur 50 Minute ausschließlich von den Gastgebern (Schied, Torghelle, Kandelaki) kamen. Bange Sekunden für die FCC-Fans gab es dann in der 57. Minute als Vasili K. nach seiner Rettungsaktion gegen einen gegen einen auf ihn zu stürmenden Lauterer angeschlagen liegen blieb, dann aber weitermachen konnte. Die 62. Minute lief gerade, als Felix Holzner per Sprint mit Ball am Fuß alle Gegenspieler stehen ließ, die Jenaer Zuschauer aber (so sie saßen) von den Sitzen riß! Speedy Gonzales himself! Flach bringt Felix den Paß zur Mitte, genau dort hin, wohin Torghelle mitgelaufen war, zur Fünfmeterlinie. Leider wußte Sandor dieses Geschenk nicht zu nutzen und haute den Ball über die Kiste. Weitere 5 Minuten später belohnte dann Brych ein Foul an Torghelle mit Freistoß für den FCK. Jetzt griffen auch die Lauterer zu allen Mitteln und einer der Ihren schwalbte sich reichlich albern durch unseren Strafraum, lächerlicherweise auch noch Elfmeter fordernd. Gelb? Denkste! Dennoch die Gäste forcierten die Offensive. Schade, daß es ausgerechnet der bis dahin tadellose Schmidt war, der sich nach 68 Minuten bei einem Abschlag Sippels verschätzte und Runström den Ausgleich ermöglichte. 1:1 – Vasili ohne Chance. Die Unseren blieben die Antwort allerdings nicht lange schuldig. Angriff über rechts, Zuspiel von Kandelaki auf Hansen, aber dessen Schuß flutscht knapp am Tor vorbei. (69.) Dann springt bei Holzners nächster prima Aktion leider nur eine Ecke heraus und Kandelakis weiter Heber über den zu weit vorm Tor stehenden Sippel geht ebenfalls am Tor vorbei. (72.) Nach 73 Minuten bringt Bürger mit Petersen einen weiteren Youngster ins Spiel. Mit seiner ersten Aktion setzt der energisch einem Ball im 16-er nach, Sippel kommt zu spät und fällt den Jenaer Angreifer. Klare Sache, Elfmeter! Warum der bereits verwarnte Sippel allerdings um die GRK herum kommt, bleibt rätselhaft? Ohne langes Gewese schnappt sich Sven Günther entschlossen den Ball und packt ihn auf den Punkt. Anlauf, plazierter Flachschuß an Sippel vorbei ins TOOOR! 2:1 (76.) Der FCK greift jetzt zwar wütend an, Jena kann aber über Kandelaki und Schied offensiv dagegenhalten. Nach einem weiten 40-Meter-Freistoß und 2 Kopfbällen liegt der Ball wieder mal im Jenaer Netz. Lautern jubelt zwar, muß aber rasch erkennen, daß auch im EAS Abseits-Tore nicht anerkannt werden können. (81.) Bemerkenswert, daß die Gäste unverdrossen weiter vorwärts marschieren und Hansen nur mit höchstem Einsatz vor einem einschußbereiten Lauterer klären kann. Das Spiel ist jetzt absolut packend, da auch der FCC über Petersen, Günther und Allagui weiter den Weg torwärts sucht. Nach 86 setz Allagui erneut den plötzlich rechts vorn auftauchenden Günther ein. Dessen flache Eingabe findet allerdings keinen Abnehmer. Beim schnellen Lauterer Gegenzug konnte unsere Abwehr das Fehlen des zurückeilenden Günther nicht rechtzeitig kompensieren und da Simpson die Ruhe behielt, stand es erneut remis. 2:2 (87.) Auch in den letzten Minuten wogte das Match nervenaufreibend hin und her, das war nichts für schwache Nerven! Die Jenaer Nerven wurden dann noch zweimal vom Sportfreund Brych strapaziert. Da der in der dreiminütigen Nachspielzeit wohl keine große Lust mehr auf längere Sprints hatte, pfiff er immer dann wenn die Jenaer den Ball aus der Gefahrenzone gespielt hatten auf Freistoß für die Gäste. Aber umsonst, es blieb beim 2:2 am Ende eines von Jenaer Seite engagiert und würdig geführten Kampfes.
Sollten (so sie denn anwesend waren) die Herren Spielberg, Almodovar, Kieslowski, Allen, Kaurismäki oder Kapoor dem Spiel relaxt zugeschaut haben, so hatten sie kurz darauf hoffentlich Augen und Ohren wieder auf Empfang, denn jetzt gab’s wieder Drehbuchstoff. Gast Sasic lieferte seine Spielanalyse und sparte dabei nicht mit lobenden Worten für die Gastgeber und deren Trainer. Den interessierte dies aber heute wenig. Der machte kurz und knapp aus seinem Herzen keine Mördergrube. Wer Henning Bürger als Person und seine bisherige Arbeit sowie sein Engagement im und für den FCC in den vergangenen Jahren kennt, wird wissen, wie schwer ihm diese Sekunden in der PK gefallen sein müssen. Wenn ein bisher derart loyaler, integrer Angestellter des Vereins auf solch drastische Art und Weise ein Zeichen setzen will, dann bleiben viele Fragen offen.
Viele Fragen offen blieben auch nach der Stellungnahme des (Ex-) Aufsichtsrats-Chefs Michael Meier, der noch unmittelbar nach der heutigen Aufsichtsratssitzung der (Medien-) Öffentlichkeit erklärte, auch eine 51% zu 49% - Entscheidung sei ein „eindeutiges Votum“. Seinen sofortigen Rücktritt vom Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrates erklärte Meier dann mit rein „persönlichen und beruflichen“ Gründen. Puuhh, Glück gehabt! Ich dachte schon, es gäbe Turbulenzen im Verein … Aber wir brauchen ja nur einen Marketingchef, einen Geschäftsführer, einen neuen Aufsichtsratsboß, einen (ver)handlungsfähigen Sportdirektor, ein motiviertes Trainergespann, einen zukunftsfähigen Kader, einen (neuen) Hauptsponsor und einen entsprechenden Vertrag, der in Kürze beim DFB vorliegen muß …
Denver? Dallas? Hollywood? Bollywood?
Augsburg!
Dort soll es kommenden Sonntag ein richtig heißes Fußballspiel geben.
Doch, wirklich, steht so im Liga-Drehbuch!
Nur der FCC!
YNWA
--Kopfnuss