2016/2017 DFB-Pokal 1. Hauptrunde: FC Carl Zeiss Jena - FC Bayern München 0:5
Spieldaten | |
Wettbewerb | DFB-Pokal, 1. Hauptrunde |
Saison | Saison 2016/2017 |
Ansetzung | FCC - FC Bayern München |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | So. 19.08.2016 20:45 |
Zuschauer | 19.000 (ausverkauft) |
Schiedsrichter | Harm Osmers (Baden) |
Ergebnis | 0:5 (0:3) |
Tore |
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Aufstellungen
- Jena
- Raphael Koczor
- Matthias Kühne (72. Shkodran Zeqiri), René Klingbeil, Justin Gerlach, Filip Krstic
- Dominik Bock (56. Bedi Buval), Sören Eismann, Niclas Erlbeck, Maximilian Schlegel (77. Maximilian Wolfram)
- Manfred Starke, Timmy Thiele
- Trainer: Mark Zimmermann
- Bayern
- Manuel Neuer
- Joshua Kimmich, David Alaba, Javier Martinez (51. Mats Hummels), Philipp Lahm
- Rafinha, Juan Bernat, Arturo Vidal (77. Fabian Benko), Franck Ribery (66. Julian Green)
- Thomas Müller, Robert Lewandowski
- Trainer: Carlo Ancelotti
Spielbericht
Fußballfest endet standesgemäß
Vor 19.000 begeisterten Zuschauern verliert der FC Carl Zeiss sein DFB-Pokal-Erstrundenmatch gegen Bayern München mit 0:5 (0:3). Polens Nationalstürmer Robert Lewandowski machte dabei bereits in der ersten Hälfte mit einem Hattrick alles klar, bevor Vidal und Hummels den klaren Endstand sicherstellten. Der Viertligist aus Thüringen verkaufte sich teuer, musste aber den Klassenunterschied neidlos anerkennen. Gewinner waren an diesem Abend alle. Die erfolgsverwöhnten Gäste, Jenas junge Mannschaft, die zu einer Nachwende-Rekordkulisse beitragenden Zuschauer und die Stadt Jena, die sich seltener überregionaler Aufmerksamkeit erfreuen konnte.
Bereits am frühen Nachmittag war Thüringens Wissenschaftsstadt fest in der Hand der Fans beider Lager. Hotellerie und Gastronomie, Museen und Sehenswürdigkeiten, Markt und Paradies erfreuten sich einer Besucherzahl wie sonst selten. Und als schließlich gegen 19:30 Uhr der Mannschaftsbus der Fröttmaninger Weltauswahl ins traditionsreiche Ernst-Abbe-Sportfeld einbog, wähnte man sich beinahe, einer Landung Außerirdischer beizuwohnen. Unter den Besuchern verloren gestandene Männer in roten Hemden ihre Fassung und hyperventilierten wie 12jährige bei einem Justin-Bieber-Konzert. Die eigens angereiste FCB-Security sorgte sich um die körperliche und seelische Unversehrtheit ihrer Schützlinge. DFB-Verantwortliche achteten in rührseliger Sorgfalt darauf, dass jegliche Bandenwerbung frei von Fantextilien blieb. Zusatztribünen im Norden und Osten hatten die Kapazität des abbruchreifen Stadions nahezu verdoppelt. Hunderte Helfer, Vereinsmitarbeiter und Partner hatten von Catering bis Service Unglaubliches auf die Beine gestellt. Polizisten in Kriegsmontur zückten reihenweise pflichtvergessen ihre Smartphones für einen Moment so nah an aus Bussen aussteigenden Weltfussballern. Ein Hauch großer, surrealer Theatralik wehte durch das Ernst-Abbe-Sportfeld, so weit weg von der rauhen und erdigen Fußballrealität zwischen Auerbach und Bautzen.
Dann endlich ging es um Fußball. Und beide Kurven huldigten blockübergreifend dem Mythos Südkurve. Jenas Coach Mark Zimmermann vertraute exakt der Startelf aus dem so überzeugenden Spiel gegen Babelsberg und hoffte, möglichst lange die Null zu halten. Nach nicht einmal drei Minuten war dies bereits Makulatur. Niclas Erlbeck hatte den Ex-Dortmunder Robert Lewandowski im Mittelfeld laufen lassen, der nutzte die Freiheiten und staubte im zweiten Versuch zur frühen Gästeführung ab. Ein vermeidbares Gegentor. Und auch in der Folge zeigte sich, dass selbst zwischen Bundesligamannschaften Welten klaffen können. War der FCC im Vorjahr an gleicher Stelle gegen den Hamburger Sportverein noch mehr als ebenbürtig und ließ kaum Gelegenheiten zu, so riss das bajuwarische Kombinationsspiel immer wieder Lücken in Jenas in der Liga noch unüberwundene Hintermannschaft. Koczor gegen Müller (13.), Koczor gegen Ribery (20.), Koczor gegen Lewandowski (31.), Jenas Keeper war einer der Meistbeschäftigten im FCC-Trikot, und doch konnte er einen deutlichen Pausenrückstand nicht verhindern. Gegen die Torfabrik aus Warschau war kein Kraut gewachsen. Den Patzer des vor dem Spiel vom Supporters Club zum Spieler der Saison 2015/16 gekürten Justin Gerlach nutzte Lewandowski ebenso eiskalt (34.), wie die überlassenen Freiheiten zwei Minuten vor der Pause mit einem millimetergenauen Flachschuss zum 0:3. Das Halbzeitresultat war ebenso deutlich wie der Spielverlauf. Der frühe Rückstand hatte Jena den Zahn gezogen, Mut und Selbstvertrauen der letztjährigen Pokalsaison waren Ehrfurcht gewichen, die Gegentore vermeidbar. Die kreativen Ideen von Jenas verletztem Kapitän René Eckardt, Zweitplatzierter bei der Umfrage zum Spieler der Saison fehlten. Und doch konnte niemand dem tapfer kämpfenden Viertligisten böse sein.
Nach dem Seitenwechsel agierte der FCC bissiger. Bereits wenige Sekunden nach Wiederanpfiff hätte es Elfmeter für blau-gelb-weiß geben können, doch Schiedsrichter Osmers übersah ein Handspiel Rafinhas im 16er, nachdem er bereits im ersten Durchgang eine Tätlichkeit von Ribery gegen Kühne nicht ahndete und grundsätzlich großen Wert auf eine möglichst zarte Behandlung der rot-weißen Weltstars legte. Nach 48 Minuten dann doch die beste Torchance unserer Mannschaft, als Starke einen von Lahm an Kühne verwirkten Freistoß wunderbar über die Mauer ins rechte obere Eck zirkelte, Neuer aber nicht überwinden konnte. Sechs Minuten später setzte sich Thiele auf der rechten Seite durch, seine Hereingabe erreichte den einschussbereiten Bock nicht ganz. Und kurz darauf versuchten sich Schlegel und Starke mit einer Freistoßvariante vergeblich. Der fast vollendete Vollmond war über den Kernbergen aufgegangen und die Paradiesischen nun besser im Spiel. Bayern agierte weniger verbissen im Drang nach dem totalen Ballbesitz und das Publikum honorierte die verstärkten Offensivbemühungen der Jenaer Elf. Doch statt des Ehrentreffers schraubten die Gäste das Ergebnis weiter in standesgemäße Bahnen. War Ribery noch an Koczor und Vidal an der Latte gescheitert (64.), so zeigte Hattrick-Torschütze Lewandowski nach 72 Spielminuten auch seine Vorbereiter-Qualitäten. Die mustergültige Vorarbeit brauchte Arturo Vidal, der chilenische letztjährige 37-Millionen-Euro-Einkauf nur noch über die Linie zu schieben. Vier zu Null. Den Schlusspunkt setze der eingewechselte Mats Hummels, mit 35 Millionen Euro gezahlter Ablöse an Borussia Dortmund nur geringfügig preiswerter, aber per Kopf nicht minder treffsicher und den fünften FCB-Eckball (Jena verbuchte deren zwei) zum Endstand verwandelnd (77.). Die Gäste hätten in der Folge gegen schwere Jenaer Beine das Ergebnis noch höher schrauben können. Unter dem Strich spiegelte aber das Endresultat von 0:5 die Kräfteverhältnisse sehr gut wider. Die über das Stadionrund verteilten Anhänger des deutschen Rekordmeisters hatten ihre Freude am hautnahen Erleben der sonst nur im Fernsehen erlebbaren Stars, die allgemein interessierten Zuschauer genossen ein perfekt organisiertes Familienevent, während die Anhänger von Thüringens Traditionsverein ihre Mannschaft für eine engagierte Leistung feierten. Und so hallte nach Abpfiff das zehntausendfache "Hej FC Carl Zeiss" von den Kernbergen zurück, als trotzige Liebeserklärung an eine deutlich unterlegene Elf. Und bereitete Vorfreude auf das nächste Heimspiel gegen Union Fürstenwalde am kommenden Samstag, vor kleinerer Kulisse, erdig, untheatralisch, regionalligaesk.
Stimmen zum Spiel
Carlo Ancelotti (Trainer des FC Bayern München): "Es war eine gute Vorstellung. Wir hatten eine gute Einstellung von Beginn an und 90 Minuten lang Kontrolle über das Spiel.
Befragt nach einem erneuten Ellenbogenschlag Riberys gegen Matthias Kühne und eventuellen Konsequenzen: Wir werden heute nichts Spezielles unternehmen. Er war etwas müde, aber er spielte die ganze Zeit korrekt, mehr habe ich nicht zu sagen.
Befragt, ob er solche Spiele mag bei kleinen Gegnern, oder ob er wie in England ein späteres Einsteigen präferieren würde: Ich denke es war eine gute Atmosphäre, ein phantastisches Publikum, die Leute waren glücklich, darüber kann man sich nicht beschweren. Der Pokal hat diese Regelung und es war ein guter Abend für alle.
Befragt zur späten Einwechslung von Hummels: Ich entschied, ihn ein wenig zu schonen, nachdem er gegen Dortmund 90 Minuten durchgespielt hat. Ich wollte Martinez 45-50 Minuten geben. Er hat mich gegen Dortmund überrascht und spielte heute auf dem gleichen Niveau."
Mark Zimmermann (Trainer des FC Carl Zeiss Jena): "Es war so, dass ich mir gewünscht hätte, dass wir das Spiel etwas mutiger beginnen, nicht so früh in Rückstand geraten. Dass es so früh passierte konnte man natürlich erahnen. Es gab dann Phasen kurz vor dem 0:2 als wir uns gefangen hatten und selbst Aktionen hatten, dann fiel das zweite Tor. Unter dem Strich haben wir 5 Tore bekommen. Aber so wie uns die Fans hier unterstützt haben, war es phänomenal und ein Riesenerlebnis."
--GUNNER
Ticketanmerkungen
Zu diesem Spiel haben die Verantwortlichen für den Ticketverkauf den wahren Fans alles abverlangt . Diese Praxis hat viele Anhänger verärgert . Selbst in der DDR war es nicht sooo schwer an EC-Tickets heranzukommen wie diesmal an Bayerntickets . Über die Internetplattform war nicht heranzukommen (heute weiß ich , dass die Ticketverkaufsstelle eine sehr alte E-Mailadresse von mir hatte) . So kaufte ich das Sondertrikot mit meinem verewigten Namen darauf + Ticket in einer Sonderaktion für 222 € . Als ich dann ins Stadion kam und die vielen Bayern-Fans im ganzen Stadion sah , wurde mir fast schlecht . So etwas darf nie wieder passieren , FCC .
A.S.