1985/1986 20. Spieltag: BSG Wismut Aue - FC Carl Zeiss Jena 1:1

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Spieldaten
Wettbewerb DDR-Oberliga, 20. Spieltag
Saison Saison 1985/1986, Rückrunde
Ansetzung BSG Wismut Aue - FC Carl Zeiss Jena
Ort Otto-Grotewohl-Stadion in Aue
Zeit Sa. 05.04.1986 15:00 Uhr
Zuschauer 10.000
Schiedsrichter Klaus Scheurell (Wusterhausen)
Ergebnis 1:1
Tore
  • 0:1 Raab (16., Foulstrafstoß)
  • 1:1 Weißflog (90.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
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Aue
Jörg Weißflog
Volker Schmidt
Heiko Münch, Bernhard Konik
Steffen Krauß, Uwe Bauer (75. Klaus Bittner), Roland Balck, Steffen Lorenz (53. Wilfried Reypka), Matthias Weiß
Harald Mothes, Rainer Kunde

Trainer: Hans Speth

Trikotfarben
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Jena
Perry Bräutigam
Konrad Weise
Gert Brauer, Thomas Ludwig, Wolfgang Schilling
Stefan Meixner, Heiko Peschke, Jürgen Raab, Stefan Böger
Henry Lesser (58. Andreas Bielau), Jörg Burow

Trainer: Lothar Kurbjuweit

Lesser und Schmidt

Spielberichte

Weißflogs Raritätentreffer

Im Auer Lößnitztal ist die Fußballbegeisterung ungeachtet der mißlichen Tabellensituation (im Vergleich zum Vorjahr) nach wie vor ungebrochen. Alle fiebern mit der Wismut-Mannschaft mit, wollen ihren Teil zur Aufmunterung beitragen. So jedenfalls mußte auch der Lok-Führer, der mit seinem Zug eine am Stadion gelegene Strecke befuhr, gedacht haben, als er zum Gruß seine Signalpfeife erschrillen ließ. Er dürfte allerdings kaum gewußt haben, daß wenige Minuten zuvor Jena gerade in Führung gegangen war (Ludwig war nach Doppelpaß mit Böger in den Strafraum eingedrungen und von Weißflog gelegt worden, Raab verwandelte den fälligen Freistoß sicher). Und dieser Schock fuhr den Platzherren mächtig in die Glieder. Fortan war nicht mehr viel zu sehen von den schwungvollen Angriffen der Anfangsphase (Kunde scheiterte schon nach 100 Sekunden mit einem Kopfball am prächtig reagierenden Bräutigam).

Statt dessen ergriffen die Gäste mehr und mehr die Initiative. Meixner und vor allem Böger gefielen mit ihrem energischen Zug in die Spitze, vom nachrückenden Ludwig immer wieder unterstützt. Während das Wismut-Spiel zu sehr in die Breite ging, im Mittelfeld die ordnende Hand fehlte, sorgten die Jenaer Konter fast immer für Gefahr. Da fiel selbst die schwache Vorstellung von Lesser (bei Konik in besten Händen) nicht sonderlich ins Gewicht. "Aber was nutzt uns das alles, wenn wir aus unseren Möglichkeiten nichts machen", ärgerte sich Trainer Lothar Kurbjuweit nach dem Abpfiff. Wohl zeigte er sich erfreut über den jederzeit verdienten Punktgewinn, übersah aber nicht, "daß diesmal für uns auch mehr möglich war".

Nach dem Wechsel verstärkte sich die Vorpausenkonstellation nämlich noch. Die Platzherren setzten nun alles auf eine Karte (mit Reypka kam ein weiterer Stürmer, Libero V. Schmidt agierte fast ausschließlich im Angriff), griffen aber zu ideenlos an, denn mit stereotypen hohen Eingaben war das kopfballstarke Jenaer Deckungszentrum nicht zu überwinden. Im Gegensatz dazu boten sich den Gästen nun riesige Räume, die sie zu überlegten Kontern nutzten. Doch der entscheidende Abschluß fehlte. So hätte Böger seine bemerkenswerte Leistung krönen können, doch einmal rettete Weiß (59.), ein andermal Konik (88.) bei den Aktionen des Blondschopfes für ihren geschlagenen Torhüter auf der Linie. Bielau scheiterte außerdem freistehend an Weißflog (72.).

Aues Kampfgeist indes erlahmte nie und wurde schließlich noch belohnt. Kurioserweise erzielte ausgerechnet Torhüter Weißflog den Ausgleich! Ihn hatte es in den Schlußsekunden nicht mehr im Gehäuse gehalten, und gegen einen Schrägschuß nach Kopfballablage von Mothes war Bräutigam machtlos.

(Sascha Stolz in "Die Neue Fussballwoche" vom 8. April 1986)

Jun-OL 3:0 - Tore : Einsiedel 2 , Hecker

Jena : Pfeiffer , Amstein , Germershaus , Strempel , Holetschek , Egerland (46.Rensch) , Schattauer (79.Menz) , Fast , Baum (53. Rose) , Bürger (61.Jäger) , Wetzel

Jugendliga : HFC : FCC 3:0

12.4. Jugendliga FCC : Dynamo Dresden 1:1

9.4. Junioren-Pokal FCC : Lok Leipzig 1:2 - Tore : Schattauer / Liebers 2

9.4. Jugend-Pokal FCC : 1.FCM 2:0 - Tore : Schlott , Luck

Wie Stefan Böger auf meine „Most wanted!“-Liste kam

Das Aufeinandertreffen mit Lübeck sorgt für das Wiedersehen alter Bekannter im EAS. Damit meine ich nicht in erster Linie Daniel Bärwolf, Jenas Wunderstürmer der Saison 1997/1998, sondern den VfL-Trainer Stefan Böger, der über zehn Jahre an der Saale kickte. Seit der Saison 85/86, jenem Jahr also, als unseren Blaugelbweißen zum ersten Mal wieder seit langer Zeit die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb gelang, gehörte Böger zur Stammelf des FC Carl Zeiss Jena. Für einen gerade mal 19-Jährigen war das nicht selbstverständlich, besonders nicht, wenn man so eine schwere Kindheit hinter sich hatte wie Stefan, denn bis 1980 musste dieser zusammen mit ungelenken Stümpern am Steigerwald trainieren, bevor für ihn dann der Traum jedes Thüringer Fußballers wahr wurde und er zum Renommierclub nach Jena wechseln konnte. Diesen Sprung zu schaffen, zeugte von den besonderen Qualitäten Bögers. Doch die Hypothek aus Erfurter Tagen wog leider zu schwer, als dass aus Stefan Böger ein ganz Großer des Fußballs hätte werden können, was sich sich leider Gottes am 20. Spieltag der Oberligasaison 85/86 zeigte.

Der FC Carl Zeiss musste an diesem Tag ins Erzgebirge zur Wismut reisen und wurde von etlichen Jenafans in der Hoffnung begleitet, in Aue endlich den ersten Auswärtssieg der Saison zu erleben, denn bei 9 Anläufen zuvor hatte es, bei drei Niederlagen, nur zu sechs Unentschieden gereicht. Die Reise ins Arzgebirg war indes nicht ohne Strapazen, denn die Deutsche Reichsbahn verstand sich nicht als Konkurrent zum Auto sondern konzentrierte sich darauf, den knallharten Wettbewerb der Beförderungsmittel gegen die Postkutsche zu gewinnen, was auch unglaublicher Weise gelang, denn Reisen von Jena ins 120 Kilometer entfernte Aue vergingen wie im Fluge, benötigte die Reichsbahn dafür doch nur zwischen vier und sechs Stunden; für eine Strecke, wohlgemerkt.

Diese Tempohatz wurde nur unterbrochen durch viermaliges Umsteigen mit zwischenzeitlichen Wartezeiten, die lang genug waren, um an der Strecke gelegenen Metropolen wie Weida oder Werdau einen Kurzbesuch abzustatten. Ich gehörte allerdings nicht zu jenen, die großartig Lust besaßen, sich bei Schnee und Eis in der vagen Hoffnung auf den Weg zu machen, irgendwo in Downtown Wünschendorf eine Schenke zu finden, wo man bis zur Abfahrt des nächsten Zuges schnell mal ein Pilsken zischen konnte, um irgendwie die Zeit totzuschlagen. Da sich überdies mein Umgang mit der elterlichen Apanage dadurch auszeichnete, dass man mich selbst in der Gegend nördlich des Hadrianswalls als extrem knickrig empfinden würde, wählte ich häufig einen anderen Weg, um zu Auswärtsspielen zu gelangen: Ich trampte.

Damit ließ sich nicht nur Fahrgeld sondern zuweilen auch Eintritt sparen, wie es mir einmal bei einem Pokalspiel in Dessau erging, wo ich pünktlich zum Abpfiff die aus dem Stadion strömenden Zeissfans begrüßen konnte. Bei meiner Tour nach Aue standen die Zeichen ähnlich günstig. Da ich meinen Biorhythmus in weiser Voraussicht schon auf Studentenleben umgestellt hatte, kam ich erst kurz nach Frühstück um halb eins in die Puschen, schaffte es dann aber doch, bis 14 Uhr irgendwo zwischen Zwickau und Wilkau-Haßlau zu stehen. Doch dann kam die Seuche: Man ignorierte mein bitterliches Flehen mit dem ausgestreckten Daumen. Ich überlegte zwar, ob ich brünftige Maiden vielleicht durch frivole Gesten auf mich aufmerksam machen könnte, aber mein Stolz verbot mir dergleichen. So blieb nur die Hoffnung und kurz bevor diese erstarb, hielt ein paar Minuten vor Anpfiff ein Wagen am Straßenrand. Kein Trabi, kein Wartburg. Nein, der Mercedes des Arbeiter- und Bauernstaates, ein Lada. Ich wollte mein Glück kaum fassen, doch bevor ich die Frage nach dem „Warum?“ stellen konnte, umströmte mich ein Duft, der nicht an Aromabäumchen erinnerte, und der Fahrer gab mir selbst die Antwort: „Noormoalerweise näähme isch joar geene Trämpa mit. Abar heite habsch ma een gesofffen.“ Aha.

Dem Fahrer war bei diesen Worten wohl ein skeptischer Ausdruck auf meinem Gesicht nicht verborgen geblieben und um mein Misstrauen zu zerstören, bemühte er sich nach Leibeskräften, dem hartnäckigen Vorurteil entgegen zu treten, Volltrunkenheit könne negative Folgen für die Fahrtüchtigkeit haben. So gings alsdann mit Vollspeed gen Lößnitztal. Ich gebe offen zu: Ich hatte schon ein wenig Schiss! Ja, Angst, denn irgendwie, durch einen dummen Zufall, hätte es ja passieren können, dass hinter einer der mit 120 km/h auf zwei Rädern durchfahrenen Kopfsteinpflasterkurve ein Traktor im Weg stehen würde. Und dann würde sich das Schreckliche ereignen: Der Lada müsste bremsen und ich hätte wieder wertvolle Sekunden des bereits angepfiffenen Spieles verpasst. Da mein Verantwortungsgefühl nicht völlig erloschen war, gab ich so dem Ostzonen-Niki Lauda zu bedenken, dass durch zügigeres Fahren eine, rein hypothetische, Gefährdung des Straßenverkehrs ein schnelleres Ende finden würde als bei einer Bummeltour, wo man mit 80 durch die Ortschaften zuckelt.

Circa zwanzig Minuten nach Anpfiff erreichte ich so Aue und vernahm beim Kartenkauf einen deutlichen Torschrei, der jedoch zu leise war, um ihn dem Heimpublikum zuschreiben zu können. Jena führte! Und wie zur Bestätigung kam es aus dem Zeissblock: „Auswärtssieg!“ Ich quietschte innerlich vor Freude und reihte mich ein in die Schar derer, die zum ersten Mal in dieser Saison erlebten, wie ihr FC Carl Zeiss auf fremdem Platz in Vorhand kam. Das Spiel ließ sich auch nach der 1:0-Führung ganz gut an, denn Jena kontrollierte gegen planlose Auer weitgehend die Partie und hatte auch bis zur Halbzeit noch die eine oder andere Chance. Doch es blieb bei dem Vorsprung, der am leichtesten zu egalisieren ist und so wollte die Ungewissheit nicht weichen, ob der FCC an diesem Tag wirklich mit einem Doppelpunktgewinn die Heimreise antreten würde. Dies entschied sich erst nach der Pause, und diese Entscheidung sollte im Wesentlichen durch ein Duell zweier Spieler fallen: Durch Aues Torwart Jörg Weißflog auf der einen und durch Stefan Böger auf der anderen Seite.

Aues Torwart war neben dem Mothes-Harald unbestrittener Publikumsliebling der Veilchen. Das lag nicht nur an seinen sportlichen Qualitäten. Er war zwar kein Grapenthin, aber seine Fangkünste brachten ihm diverse DDR-Auswahlehren. Wichtig für seine Popularität dürfte indes gewesen sein, dass er mit seinem gesamten Auftreten den Wismutfans das Gefühl vermittelte: Ich bin einer von Euch! Nicht nur dank seiner um ein paar fesche Dauerwellenlöckchen verfeinerten Vokuhila erwies er sich modisch als ein würdiger Vertreter des Arzgebirgs, sondern verfügte auch über hervorragende Entertainerqualitäten. Der Verdienst dafür liegt wohl Jörgens Eltern, als sie sich in Weißflogs Jugend, angesichts der Frage, ob sie ihren Filius statt zum Training lieber dreimal die Woche zum Logopäden schicken sollten, konsequent für eine sportliche Karriere entschieden. So gerieten Interviews mit Aues Torwart später zu wahren Sternstunden der Unterhaltungskunst, wenn sich Weißflog bemühte, bei strikter Beschränkung auf die Verwendung von circa 2 Vokalen und 5 Konsonanten ganze Sätze zu formulieren.

In desem Spiel trat Weißflog allerdings nicht durch seine Lautierungsübungen hervor, sondern dadurch, dass er ab Mitte der zweiten Hälfte quasi die Liberoposition bekleidete und sich vorzugsweise im Anstoßkreis aufhielt. Das schien auch die einzige Chance für Aue zu sein, die fehlende spielerische Klasse mittels eines frei gewordenen Verteidigers zu kompensieren und doch noch irgendwie das 1:1 zu erzielen. Für Jena ergab sich dadurch natürlich wiederum die Möglichkeit, mit einem schnellen Konter auf das verwaiste Tor alles klar zu machen. Genau für diese Aufgabe schien Böger wie geschaffen, denn er, der damals noch im Angriff aufgeboten wurde, war schnell und spritzig und damit prädestiniert dafür, einen langen Ball aus der Jenaer Abwehr aufzunehmen oder sich einen Fehlpass der Veilchen zu Nutze zu machen. Und so wirbelte Böger in vorderster Front, das Vabanquespiel der Auer zu bestrafen.

Zweimal war es Weißflog noch knapp gelungen, durch rechtzeitiges Herauslaufen einen Jenaer Konter unschädlich zu machen, doch dann schlugen Peschke und Co. in der 88. Minute einen Pass auf Linksaußen, der für Weißflog einfach zu schnell war, nicht jedoch für Stefan Böger, denn der schnappte sich die Kugel kurz hinter der Mittellinie und rannte mit dem Ball am Fuß los in seiner unnachahmlichen Art, die die technischen Defizite aus seinen Erfurter Tagen erkennen ließen; immer etwas zu sehr den Kopf nach unten, dabei gleichzeitig eigentümlich hüftsteif wirkend, was ihm bei uns, dem Spott nicht abgeneigten Fans, den Kosenamen „Stück Holz“ einbrachte. „Stück Holz“ hatte jetzt freie Bahn zum Tor, Weißflog war geschlagen, nur in der Mitte lief noch ein Auer Verteidiger mit. „Schieß doch!“, brüllte es aus dem Zeissblock, die Entscheidung herbeisehnend. Doch „Stück Holz“ lief weiter entlang der Außenlinie. „Mensch, schieß!“. Doch „Stück Holz“ lief weiter, jetzt schon kurz vor dem Strafraum stehend. „MENSCH, NUN SCHIESS DOCH ENDLICH! SCHIIIIIIESS!!!!“

Das Brüllen der Zeissfans nutzte nichts. „Stück Holz“ wollte nicht aus gut 20 Metern von halblinks einschieben, „Stück Holz“ wollte den einzigen verbliebenen Auer Verteidiger noch ausspielen und zog in die Mitte. Er war schon fast am letzten Mohikaner der Wismutabwehr vorbei, doch dann kam noch Weißflog an, und dann noch ein Verteidiger, und dann waren da auf einmal zu viele Abwehrbeine für jemanden, der in Erfurt das Fußballspielen erlernt hat, und die Chance war vorbei. „ZWEI MINUTEN VOR SCHLUSS! ZWEI MINUTEN VOR SCHLUSS SO EINE CHANCE!“ Im Zeissblock verstand man die Welt nicht mehr. Die Erlösung war so nah; und nun hieß es doch wieder, zu zittern und zu bangen, bis der Schiri zum letzten Mal pfeifen würde, denn noch einmal kam Aue vors Jenaer Tor. Der Ball konnte zwar abgewehrt werden, doch es gab Ecke für Wismut. Die letzte Aktion vermutlich, da bereits die Nachspielzeit lief. Und so kamen denn alle, die gekreuzte Hämmer auf ihren Trikots trugen, in den Jenaer Strafraum geeilt, unter ihnen, wen wunderte das noch, auch Aues Torwart Jörg Weißflog. Alles wartete auf den Eckball, Heim-wie Zeissfans. Die einen mit dem letzten Fünkchen Hoffnung auf den Ausgleich, die anderen mit dem letzten Zipfel fehlender Gewissheit, den Sieg auch wirklich errungen zu haben.

Der Ball kam rein, flog zum kurzen Pfosten, wo ein Auer mit dem Kopf verlängerte. Irgendwo hin in die Mitte, dahin, wo die Blaugelbweißen ihre Gegner markierten, so gut das eben geht, wenn 10 gegen 11 Feldspieler auf dem Platz stehen. Und so blieb einer bei dieser Rechnung übrig: Weißflog. Zu ihm flog der Ball, halbhoch, direkt vor die Füße. Ein Schuss – ein Aufbäumen des Netzes – ein ohrenbetäubender Torschrei aus tausenden lila Kehlen. Unmittelbar danach war Schluss, das Arzgebirg hatte einen neuen Stülpner-Karl und ich eine neue Nummer 1 auf meiner Liste der meistgehassten Persönlichkeiten. Nicht Weißflog, der war mir egal, sondern Stefan „Stück Holz“ Böger, der einen sicheren Sieg, verschenkt, verjuxt, verschleudert hatte. Ich hätte ihn umbringen können, auch Wochen später noch, denn damit vergab der FC Carl Zeiss die größte Möglichkeit für einen Auswärtssieg in dieser Saison. Nicht nur, weil es der einzige in der gesamten Spielzeit gewesen wäre, verfluchte ich Böger, sondern weil dieses unnötige und unglückliche Remis der gesamten Mannschaft danach schwer im Magen lag. Prompt verlor man am nächsten Spieltag zum ersten und einzigen Mal in der Saison zu Hause, ausgerechnet gegen die im Niemandsland des Mittelfeldes herumkrebsenden Magdeburger. Damit ließ der FCC am Ende in diesen zwei Partien 3 Punkte liegen. Genauso viel, wie am Ende zum Gewinn der Meisterschaft fehlten. Was wäre, wenn …

So nah, wie 1985/86 mit dem dritten Platz hinter dem BFC und Lok, kam Jena der Spitze nie wieder. Wenigstens schaffte man 1991 die direkte Qualifikation für die 2. Bundesliga. Es war Stefan Bögers letzte Saison für Jena. Dass er dann in die erste Liga zu Hansa wechselte, unterstreicht seine Bedeutung, die er vorher für den FC Carl Zeiss besaß. Ein Goalgetter wurde er zwar auch später nicht, aber er war zu 100% Profi, immer einsatz- und willensstark. Seinen Spitznamen „Stück Holz“ behielt er indes. Doch wenn ich ihn so nannte, schwang später keine Bitterkeit mehr mit, zumal er mir selbst einmal erzählte, diese ausgelassene Chance damals in Aue habe ihm lange Zeit keine Ruhe gelassen, und wer Böger kannte, seine Ehrlichkeit und Geradlinigkeit auch außerhalb des Platzes, der nahm ihm ab, dass er sich selbst am meisten über diese vergebene Möglichkeit und deren Folgen ärgerte. Und so habe ich meinen Frieden mit ihm gemacht; er muss am Samstag nur noch drei Punkte da lassen, dann vergebe ich ihm vollends.

--Al Knutone 16:55, 10. Nov. 2005