2015/2016 Thüringischer Landespokal HF: FC Carl Zeiss Jena - FSV Wacker Nordhausen 2:0

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Spieldaten
Wettbewerb Thüringen-Pokal, Halbfinale
Saison Saison 2015/2016
Ansetzung FCC - FSV Wacker Nordhausen
Ort Ernst-Abbe-Sportfeld
Zeit Mi. 27.04.2016 18:00 Uhr
Zuschauer 3.291
Schiedsrichter Eugen Ostrin (Eisenach)
Ergebnis 2:0 (1:0)
Tore
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

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Jena
Stefan Schmidt
Mergim Vojvoda, René Klingbeil, Justin Gerlach, Maximilian Schlegel
Artur Mergel (73. Dominik Bock), Sven Reimann, Niclas Erlbeck, Marcel Bär (89. Maximilian Wolfram)
Bedi Buval, Manfred Starke (90. Florian Giebel)
Auswechselspieler: Tom Nattermann
Trainer: Volkan Uluc
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Nordhausen
Tino Berbig
Kevin Schulze, Pierre Dominik Becken (82. Kevin Nennhuber), Philipp Blume (82. Michél Harrer), Lasse Schlüter
Nils Pichinot, Nils Pfingsten-Reddig, Matthias Peßolat, Corvin Behrens (67. Jon Mogge)
Tino Semmer, Benjamin Förster (90.+3)
Trainer: Martin Hauswald

Anmerkung

Das Spiel sollte ursprünglich am 26.03. ausgetragen werden .

Spielberichte

FC Carl Zeiss steht im Thüringenpokalfinale

In einer umkämpften Partie erzielen vor 3.291 Zuschauern Buval (31.) per Kopf und Bär vom Elfmeterpunkt (84.) die Tore und beenden wie schon im Vorjahr Nordhausens Pokalträume.

Es würde „sau sau schwer“ werden, hatte Volkan Uluc das Umfeld auf das Pokalhalbfinale eingestimmt, und seine Spieler schienen sich dies zu Herzen genommen zu haben, war doch die Anfangsphase von beiderseits vorsichtigem Abtasten geprägt, ohne eine einzige Tormöglichkeit für eines der beiden Teams. Positiv dabei aus Jenaer Sicht, dass die Viererkette in Abwesenheit der etatmäßigen Außenverteidiger Eismann (gesperrt) und Krstic (verletzt) sicher agierte, auch Maximilian Schlegel nach seinem Albtraumspiel gegen RBs Zweitvertretung auf ungewohnter Position das erneut in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigte. Nach etwa 20 Minuten übernahmen mehr und mehr die Gäste das Kommando, ohne dass zwei Freistoßmöglichkeiten durch Pfingsten-Reddig für Gefahr sorgen konnten. Zumeist spielte sich die Begegnung im hart umkämpften Mittelfeld ab, und alsbald standen mit Becken, Buval, Blume und Behrens gleich vier Spieler gelbverwarnt im Notizbuch von Schiedsrichter Ostrin aus Eisenach. Nach einer halben Stunde riss der FCC endlich die 3.291 Zuschauer von ihren Sitzen, als ein Pressschlag Buvals bei Starke landet und ihm freie Bahn aufs Tor verschafft, Jenas Rechtsaußen aber zu lange zögert, so dass ihm Becken den Ball auf Kosten einer Ecke vom Fuß spitzelt. Just aus diesem Eckball Schlegels resultierte dann die Führung für die Jenaer, Starkes Kopfballverlängerung irritiert Berbig und Buval vollendet aus Nahdistanz mühelos mit dem Schädel. Für sein erstes Saisontor im Dienste des FCC konnte sich der Mann aus Martinique keinen besseren Moment aussuchen. Nordhausen antwortete postwendend und es bedurfte einer glanzvollen Rettungstat von Stefan Schmidt, der per Fußabwehr gegen den frei durchgelaufenen Semmer klärte (34.). Mit dem Halbzeitpfiff scheiterte der gleiche Spieler erneut, diesmal am Außennetz, nachdem Schmidt schon geschlagen war. Beide Male gingen Ballverluste von Manuel Starke am gegnerischen 16er voraus, gefolgt von blitzschnell vorgetragenen Kontern der Südharzer.

Ein Schema, mit dem schon die letzten beiden Gastmannschaften im Ernst-Abbe-Sportfeld unserer Elf größte Probleme bereiteten. Und eine Taktik, die sich der FCC im zweiten Durchgang nunmehr selbst zu eigen machte. Hatte Peßolat kurz nach Wiederanpfiff zwei Möglichkeiten per Fuß (47.) und Kopf (48.) zum Ausgleich, so beruhigte die heute kämpferisch bärenstarke Jenaer Elf die Partie zusehends, erwartete Wacker im eigenen Drittel und schaltete bei Balleroberung sofort um. Was fehlte, war die Präzision am Strafraum der Gäste, Buvals abgefälschter Schuss streicht über die Latte (58.), dem sehr auffälligen Mergel fehlen ein paar Zentimeter, um freistehend einen Kopfball zu drücken (60.), Starkes finaler Ball auf Mergel gerät zu ungenau (67.) und Bär trifft nur das Außennetz (70.). Die Blaugelbweißen vergaßen, den Sack zuzumachen und hatten zehn Minuten vor dem Ende zweierlei: Glück, dass Schlüter mit sattem Schuss am Außennetz scheitert. Und einen Stefan Schmidt im Kasten, der ein fulminantes Geschoss von Pfingsten-Reddig aus dem rechten oberen Winkel kratzt. Just, als Nordhausens Trainer Martin Hauswald mit einem Doppelwechsel alles auf eine Karte setzte, fiel die Entscheidung auf der Gegenseite. Ostrin, der zuvor bei einem unfreiwilligen Handspiel Blumes im Strafraum noch gnädig geblieben war, zeigte nach Foul an Bär auf den Punkt. Gegen alle Regeln trat der Gefoulte selbst an und ließ mit platziertem Schuss in die linke untere Ecke Keeper Berbig keine Chance (84.). Nordhausen versuchte, wie im vergangenen Jahr noch einmal zurück zu kommen, scheiterte aber an Jenas vom lautstarken Publikum angefeuerte aufopferungsvoll verteidigender Hintermannschaft und den eigenen Nerven. Den Schlusspunkt setzte Förster in der Nachspielzeit mit dem vorzeitigen Gang unter die Dusche nach zweiter gelber Karte. Der Rest war Jubel. Nach zuletzt enttäuschenden Leistungen in der Liga hatte der FC Carl Zeiss sein Pokalgesicht unter Volkan Uluc gezeigt und die Vorfreude auf ein prickelndes Finale war überall zu spüren.

Trainerstimmen:

Martin Hauswald: Wie Sie sich denken können, fällt so eine Analyse schwer. Jena hat 2:0 gewonnen, Glückwunsch. Klar ist, wenn Du im Fußball hinten zwei Standards zulässt und vorn Deine Chancen nicht machst, und wir hatten ein paar, dann kannst Du nicht gewinnen. Eines ist auch klar: Wenn wir erfolgreich Fußball spielen wollen in der nächsten Saison, also nicht nur im Winter mal Erster zu sein, sondern auch am Ende, auch mal den Pokal zu gewinnen, und nicht nur bis ins Halbfinale oder Viertelfinale zu kommen, muss sich vieles ändern bei Wacker. Und glauben sie mir, es wird sich einiges ändern. Wir gucken da genau hin, haben einige Zeit. Das gilt es zu verbessern. Nach so einer Niederlage will ich gar nicht weiter analysieren. Wir müssen zusehen, dass wir die Saison vernünftig zu Ende bringen.

Volkan Uluc: Bevor ich zum Spiel etwas sage, möchte ich kurz in eigener Sache etwas sagen. Die letzten Tage waren wieder turbulent, und mir wurden einige Sachen vorgeworfen. Mir wurde vorgeworfen, dass ich das Spiel im Sitzen verfolgt und keine Emotionen gezeigt habe. Ich war krank, hätte auch einen Krankenschein bringen können, und ich finde es sehr enttäuschend, dass man da nicht nachfragt. Um meine Motivation brauchen sie sich keine Sorgen machen. Ich bin 18 Monate in Jena, und anscheinend hat man mich nicht kennen gelernt. Kompliment an meine Mannschaft. Das war die Wucht, die uns in der ersten Halbserie ausgezeichnet hat. Ich bin sehr stolz. Das ist ein Riesenerfolg für meine Mannschaft. Wenn man heute gesehen hat, wie viele junge Spieler gespielt haben, ein Artur Mergel, der noch A-Junioren spielen kann, ein Stefan Schmidt, ein Sven Reimann, der auch erst 21 ist. Wir hatten so viele U23-Spieler wie man es lange nicht gesehen hat, auch nicht in Jena. Ich bin sehr stolz. In dieser Gemengelage hätte jeder andere Trainer die Mannschaft verloren, aber wir haben ein tolles Verhältnis zum Team. Dass ich nicht jedes Spiel gewinnen kann, ist klar. Wenn man heute etwas zu kritisieren hat, dann dass wir unsere Konter nicht gut genug ausgespielt haben. Ich freue mich riesig auf das Finale, für die Zuschauer, den Vorstand, den Aufsichtsrat, auch für den Geschäftsführer, und ich werde mich würdig verabschieden.

--GUNNER

Nachbetrachtung Nordhausen: Ein bisschen Licht im Paradies

Der Wecker klingelt. Erster Blick aus dem Fenster. Graustes Grau, Sturm und Dauerregen. Vorboten der Apokalypse? Die Rückrundentabelle bestätigt meine Befürchtung: Jena auf Platz 14, weit hinter Victoria Berlin, Schönberg und Halberstadt. Fürwahr, das Menschengeschlecht hat sein Dasein verwirkt!

Ich beschließe, zu Hause zu sterben und cancle die Arche ins Kerngebirg. Gestern abend gabs eh schon ´ne halbe Absage meines Mitfahrers Christian. Krank, erkältet beim Mansfeld-Classico Wacker Helbra gegen Eintracht Emseloh. Nächste Whatsapp, nächste Suggestivfrage: „Wollen wir nicht lieber erst zum Finale nach Jena fahren?“ Keine Antwort. Dafür meldet sich meine Frau zu Wort: „Du hast dir extra Urlaub genommen und willst heute nicht zum Fußball?“

Meine Bestätigung wird zum Eigentor, denn Frau Doktor greift flugs zum Anamnesebogen und geht die Liste mit Mängeln der hoheitlichen Gemächer durch, deren vollumfängliche Abstellung sie bei ihrer abendlichen Rückkehr erwartet. Widerspruch zwecklos, sonst fliegen noch Linsen in die Asche, um aussortiert zu werden. Da summt das Handy. Detlef ist dran, Jahrgang 65, Old-School-Jenafan seit den Tagen, als noch Ducke spielte. Er wäre sehr enttäuscht, wenn es heute nicht klappt. Seeehr enttäuscht . . .

Hmmm. Ein bisschen scheint jetzt die Sonne. „Gemeinsam gegen Rom gegangen, gemeinsam gegen Wacker gefangen?!“ Also gut. Rundruf per Handy: „Wir fahren!“ Der kranke Christian muss bei seiner Atemnot eh an die frische Luft und gegen das Halskratzen gibts Becherovka. Prompte Zustimmung zum Therapievorschlag. Nur eine Frage noch, die wie eine Drohung klingt: „Kann Conny auch mit?“

Conny ist von Beruf Arztsohn und verfügt damit über eine auskömmliche Apanage für seinen Nebenjob als Groundhopper. Im Herbst Champions League in Wolfsburg, letzte Woche DFB-Pokal Hertha-Dortmund. Und eben ab und an mal Jena, wenns Rosinen zu picken gibt. Und eben immer dann, wenn Jena verliert. Eine Punktescheuche mit 100% Verlustgarantie.

Ich pfeife auf sein Karma, denn heute verlieren wir sowieso, aber das Spritgeld wird durch einen mehr geteilt. Noch unterwegs meinen Sohnemann aus dem Zug geholt und dann geht’s zu fünft nach Thüringen. Old-School-Detlef erzählt vom Krieg und deutscher Härte. Vorm Stadion bricht sich der Zeitgeist Bahn; bei dem drohenden Regen geht es nicht in die Schützengräben der Gegengeraden sondern auf ´nen ruhigen Etappenposten oben auf der Haupttribüne.

Zum letzten Mal saß ich dort im Heimspiel gegen Neugersdorf, im Güldenen Herbst des Vorjahres. Jena dunnemals auf Tabellenplatz 1, wo wir mindestens hingehören, wenn wir schon in der Dorfliga zu spielen genötigt sind. Die Truppe bot gepflegten Fußball, die Sonne schien, alles passte. Und an der Seitenlinie stand er, der Buddha mit Basecap. Endlich kein falscher Heiland, bei dem die Meute nach drei Pleiten zur Kreuzigung ruft, sondern ein echter Messias, berufen, Jena wieder ins Licht zu führen.

18 von 48 Punkten später erscheint Uluc’s Botschaft eher von irdischem Zuschnitt, wenn da überhaupt anderes kam neben dem „Alle Schuld außer Volcan!“ Überraschend wird bei Anpfiff nicht sofort die weiße Fahne gehisst. Jena hält dagegen, hat mehr Spielanteile. Vor allem steht hinten die Null, was schon mal positiv ist, nachdem die Tage der Offenen Tür gegen Hertha zwo und Fuschl 4 so regen Zuspruch fanden. Offensiv gilt das bewährte Motto: „Hoch und weit bringt Sicherheit!“ Für Bewegung sorgt vor allem Schiri Ostrin: So wie der die Gelben zieht, mögen in der 90. Minute vielleicht zwei Nullen auf der Anzeigetafel stehen, aber bestimmt keine 22 Mann auf dem Feld.

Und dann rutscht Buval mal ein langer Ball durch, direkt in den Lauf von Starke, der frei durch ist. Schon im Strafraum, schon auf Höhe des Elfmeterpunktes. Und nicht abzieht und lieber den Haken zu viel macht, statt die Pille ins Tor zu drücken. Irgendwie. Mit der Pieke, mit dem Knie oder mit ´nem Schlüpperjummi. Scheiszegal, Hauptsache rin.

So gibt’s nur Ecke. Passende Gelegenheit, sich ein neues Bier zu holen. Denkste! 1:0 Buval! Ich frage Old-School-Detlef, ob sein Opi noch lebt oder er sonst jemanden kennt, der schon mal von einem Jenaer Treffer nach Standard gehört hat. Aber wir haben ja Buval, unseren Goalgetter, mit seinem 38 Tor. Okay, nicht in dieser Rückrunde, auch nicht in dieser Saison, aber immerhin in den letzten 10 Jahren. Solch eine Perle muss man erstmal entdecken.

Als nächstes entdeckt man bei Wacker den Vorwärtsgang am eigenen Betonmischer. Semmer mit dem Riesen zum Ausgleich, unser Keeper erst wie ein verlorenes Ferienkind, dann mit Weltklassereflex. 45 Minuten sind schon rum, noch mal Semmer, bereits an Schmidt vorbei, spitzer Winkel. Das Netz zappelt; ..... von außen. Fortuna Jena.

Eine Glücksgöttin muss der FCC in der 2. Halbzeit kaum mehr bemühen. Riemann und Erlbeck machen im Mittelfeld einen guten Job, Mergel ackert, Bär zeigt sich verbessert, Buval und Starke rucken immer wieder an. Stößt doch mal ein wackres Expeditionsteam bis ins Jenaer Abwehrzentrum vor, zerschellt es am Mount Gerlach. Oder Schmidt hält, ruhig und unaufgeregt. Auf der Gegenseite hat sein Pendant Berbig nichts vom Talent eingebüßt, mit seinen Abschlägen und Abstößen die Saaleauen in ihrer gesamten Breite zu bemessen.

So schafft es Nordhausen nie, wirklichen Druck aufzubauen. Als Wackers Trainer reagiert, die Nordhäuser Viererkette auflöst und statt eines Verteidigers Stürmer Harrer bringt, revanchiert sich der für Hauswalds Mut mit einem Glas Selters statt Sektes: Foul im eigenen Strafraum, Elfer der Marke Glasklar. Bär schnappt sich den Ball, offenbar ohne genug Zeit zum Überlegen zu haben, wie sich Panenka toppen ließe, so dass er die Kugel einfach ganz komode versenkt.

Der Rest ist schnell erzählt: Die Opis vom Thüringer Fußballverband, unter dessen Label der „Freundeskreis Demenz“ aktuell firmiert, müssen sich nicht mit der Frage beschäftigen, wann der Schiri die im Raum stehende Verlängerung abbrechen und zum Candle ligtht dinner auf dem romantisch ins Schummrige getauchten Spielfeld lädt. Marcel Bär hat Zeit, mal tiefer in den Kisten zu wühlen, um alle Jenaer Angriffe mit einem passenden Schleifchen zu versehen, Schlüsselspieler Mergim Vojvoda kann ungestraft seine „Wenn ich groß bin, werde ich mal Ronaldo“-Übersteiger zelebrieren und Wackers Förster verschafft sich freie Auswahl beim Duschen.

Jena ist im Endspiel. Noch steht nicht fest, gegen wen, aber vielleicht gelingt dem FC Erfurt Nullfünf ja eine Überraschung. Unsere Jungs feiern schon mal, als hätte der Sieg gegen Nordhausen ohne finale Krönung irgendeine besondere Bedeutung. Alles dreht sich wie wild im Kreis, auf dem Rasen, kurz vor der Haupttribüne. Da, wo noch ein bisschen Licht ist im Paradies.

--Al Knutone