1962/1963 20. Spieltag: SC Aufbau Magdeburg - SC Motor Jena 0:0
Spieldaten | |
Wettbewerb | DDR-Oberliga, 20. Spieltag |
Saison | Saison 1962/1963, Rückrunde |
Ansetzung | SC Aufbau Magdeburg - SC Motor Jena |
Ort | auf einem Nebenplatz im Ernst-Grube-Stadion in Magdeburg |
Zeit | So. 03.03.1963 15:00 Uhr |
Zuschauer | 13.000 |
Schiedsrichter | Werner Bergmann (Hildburghausen) |
Ergebnis | 0:0 [1] |
Tore |
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Andere Spiele oder Berichte |
Aufstellungen
- Magdeburg
- Wolfgang Blochwitz
- Günter Kubisch, Hans-Dieter Busch, Reiner Wiedemann
- Rolf Röpke, Günter Behne
- Joachim Walter, Günther Weimann, Manfred Eckardt, Günter Hirschmann, Günter Baltrusch
Trainer: Ernst Kümmel
- Jena
- Harald Fritzsche
- Hans-Joachim Otto, Diethard Stricksner, Siegfried Woitzat
- Heinz Hergert, Heinz Marx
- Peter Rock, Helmut Müller, Peter Ducke, Dieter Lange, Roland Ducke
Trainer: Georg Buschner
Spielberichte
Durch kämpferischen Einsatz zum Sieg!
Das Hauptfeld des Ernst-Grube-Stadions stand unter Wasser, so daß sich Schiedsrichter Bergmann zu einer Verlegung dieses wichtigen Treffens auf den Nebenplatz entschießen mußte. Hier hatten am Vormittag schon drei Spiele stattgefunden, und auch die Reserven hatten sich schon zwischen Wasser, Eis und Morast versucht. Da kann man sich vorstellen, in welchem Zustand sich auch die Spielfläche dieses Platzes präsentierte.
"Unter diesen Bodenverhältnissen dürfte vieles vom Zufall abhängen", sagte uns Magdeburgs Trainer Ernst Kümmel vorher, "wir dürfen den Jenaer Sturm nicht zur Entfaltung kommen lassen, dürfen nicht solche Räume öffnen, wie in unseren letzten Spielen. Weimann vor allem hat die Aufgabe zu pendeln, damit bei unserem Angriffsschwung die Abwehr nicht entblößt wird. Ansonsten gibt es bei diesem Boden nur eine Devise: Tempo, Einsatz und Ausnutzung der Chancen."
"Was soll man bei solchen Bodenverhältnissen von den Spielern verlangen?" So ließ sich Motor-Trainer Georg Buschner vernehmen. "Es kann keine besonderen taktischen Varianten geben - höchstens die: vorn die Situationen für den Torschuß schnell erkennen und auch aus scheinbar aussichtslosen Positionen abzuschießen, denn die Torhüter haben es heute besonders schwer."
Der Verlauf dieses "Wasserball"-Spieles stellte dann wirklich bald unter Beweis, daß derjenige hier erfolgreich bleiben würde, der bedingungslos den Kampf mit dem Wasser aufnahm, der den Ball, egal wie, steil nach vorn schickte und im Strafraum mit nimmermüden Einsatz seine Chancen nutzte. Und das waren von Beginn an die Magdeburger. Weimann, der seine Aufgabe zur Zufriesenheit erfüllte, Wiedemann, Behne, Hirschmann - sie trieben ihre Sturmspitzen mit weiten Schlägen nach vorn. Vor allem mehrere Freistöße waren es in der ersten halben Stunde, die Gefahr vor dem Tor des cleveren Fritzsche schufen.
Hirschmann schoß einen solchen von rechts ans Außennetz (2.), Behne, Wiedemann, Weimann knallten aus 40 Meter Entfernung auf Fritzsches Gehäuse. Die Magdeburger begannen mit solchem Schwung, daß Stricksner, Woitzat all ihre Umsicht aufbieten mußten, um ihre Abwehr, die durch Rock verstärkt wurde (Lange spielte dafür mit der Nummer 10 Rechtsaußen), zu festigen. Zwei Riesenchancen ließ der agile Walter aus.
Der Konterschlag des Spitzenreiters in der 33. Minute traf den heißblütigen Angriffsschwung des SC Aufbau wie eine kalte Dusche. Endlich einmal fanden die Jenaer das für diesen Boden richtige Rezept. Roland Ducke drosch das Leder nach vorn, das in einer riesigen Pfütze landete. Hier vermochten es die Magdeburger (Kubisch, Busch, Röpke) nicht, den Ball im Wasser zu finden oder gar wegzubefördern. Peter Ducke (am Mittwoch vergangener Woche im übrigen Vater eines kräftigen Jungen, Namens Jens, geworden), setzte konsequent nach und schlug an einer trockenen Stelle vor dem Tor gegen den Ball, der direkt durch die Beine von Blochwitz ins Tor flog.
Das war aber auch fast die einzige Aktion der Gäste, die Anpassungsfähigkeit an die Bodenverhätnisse verriet. Hoffnungslos mußten schließlich die Versuche des SC Motor bleiben, Kutrzpässe an den Mann zu bringen, hoffnungslos der Gedanke an spielerisches Niveau, hoffnungslos auch die Ansätze zu längeren Dribblings. Immer mehr setzte sich die Kampfmoral der Gastgeber durch. Walter, Eckhardt, Baltrusch ( der für den gesperrten Stöcker eingesetzt wurde), Hirschmann, Behne - alle Magdeburger spielten sich förmlich in einen verbissenen Siegeswillen hinein, der den Jenaern in dieser Form abging. Die 13.000 die auf alle nur erdenkliche Weise versuchten, sich am Rande des Nebenplatzes ein Blickfeld zu verschaffen (viele allerdings erhaschten nur Streiflichter), quittierten dieses kämpferische Aufbegehren ihrer Mannschaft mit verständlichem Jubel, aber...
... schließlich, konnte von keinem regulärem Oberligaspiel mehr gesprochen werden, konnte man bei diesem Boden keinen auch nur annähernd gültigen Maßstab an das wahre Leistungsvermögen der einzelnen Spieler anlegen. Jede Wertung über diese oder jene Einzelleitung erscheint unter diesen Umständen müßig. Ein einzig Gestocher war es nur!
(Günter Bonse in "Die Neue Fußball-Woche" vom 5. März 1963)
Reserven : 1:2 - Jena : Blüher ; Wöhrl , Bonn , Werner ; Mahler , Gablik ; Urban , Polywka , Kirsch , Röhrer , Schymik - Tore : K. Müller / Kirsch , Schymik
Dieses Spiel war eine Farce!
Ganz Fußball-Magdeburg fieberte dem Gastspiel des Spitzenreiters SC Motor Jena entgegen. Bei strahlendem Sonnenschein und acht Grad Wärme setzte sich schon gegen 13 Uhr ein Riesenstrom Fußballanhänger über die Elbe-Brücke in Richtung Ernst-Grube-Stadion in Bewegung. Trotz Einsatz von Sonderwagen bewältigte die Straßenbahn den Ansturm nicht. Unmittelbar vor dem Stadioneingang drehte Kameramann Ahnert vom Deutschen Fernsehfunk den Anmarsch der Massen und verkündete lakonisch: "Damit ich wenigstens etwas auf dem Film habe, denn gespielt wird sicher nicht!"
Tatsächlich bot das vom Schnee befreite Spielfeld im Stadion einen erbarmungswürdigen Anblick. Von Tor zu Tor ein Schlammsee, unter dem tückisch das Eis blinkte. Schiedsrichter Bergmanns Kommentar: "Im Hauptstadion ist die Durchführung des Spiels nicht möglich - auf dem etwa 300 m entfernten Nebenplatz geht es. Wir werden in den nächsten Wochen noch mit viel schlechteren Plätzen zu tun haben."
Es stellte sich jedoch bald heraus, daß ein Fußballs p i e l auf der tauenden, von riesigen Pfützen überzogenen Wiese auch nicht möglich war. Zwar bemühten sich die 22 Aktiven redlich darum, den Ball zu treffen, aber es gelang ihnen nur selten. Die Magdeburger gewannen am Ende hauptsächlich deswegen, weil sie weniger Scheu zeigten, ins eiskalte Wasser zu tauchen. Was speziell Blochwitz, Eckhardt, Behne und Walter an Vollbädern nahmen, übertraf die Normalration einer Kneippkur bei weitem. Zum Glück waren Ersatztrikots zur Stelle.
Von einer Beurteilung der einzelnen Akteure wie auch beider Mannschaften insgesamt muß selbstverständlich Abstand genommen werden. Auch Verbandstrainer Horst Sockoll, der hauptsächlich zur Beobachtung der Gebrüder Ducke in einem schweren Auswärtsspiel nach Magdeburg gekommen war, zog genau so klug wie vorher wieder von dannen.
Schiedsrichter Bergmann hat in dem ganzen Spiel nach meiner Auffassung nur einen falschen Pfiff getan - und das war der Anpfiff. Als wir Magdeburg im Auto in Richtung Berlin verließen, lag zur Linken, kaum 10 Minuten vom Grube-Stadion entfernt, eine Sportanlage "An der neuen Welt" mit einwandfreier Spielfläche. Hier hätte das Oberligaspiel unter regulären Bedingungen durchgeführt werden können.
(Wolfgang Hempel in "Die Neue Fußball-Woche" vom 5. März 1963)
Anmerkung
- ↑ Das Spiel wurde wegen Nichtbeachtung der Spielordnung durch Magdeburg mit 2:0 Punkten und 0:0 Toren für den SC Motor Jena gewertet.