Saison 1939/1940
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In der Saison 1939/1940 spielte der 1. SV Jena in der Gauliga Mitte. Am Ende wurde der 1. Platz belegt und man nahm damit an der Endrunde der Deutschen Meisterschaft teil.
Spieler
Kompletter Kader: Alle FCC-Spieler der Saison 1939/1940 (mit eigener Informationsseite)
Zugänge
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Abgänge
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Abschlusstabelle Gauliga Mitte
Pl. | Tabelle | Sp | Tore | Diff | Pkt |
---|---|---|---|---|---|
1 | 1. SV Jena | 14 | 54:11 | 43 | 27-1 |
2 | SV Dessau 05 | 14 | 65:31 | 34 | 19-9 |
3 | FC Thüringen Weida | 14 | 43:26 | 17 | 17-11 |
4 | 1. SV Gera (N) | 14 | 47:42 | 5 | 13-15 |
5 | Cricket-Viktoria Magdeburg | 14 | 33:39 | -6 | 13-15 |
6 | VfL Halle 96 | 14 | 26:41 | -15 | 12-16 |
7 | SV Merseburg 1899 | 14 | 14:59 | -45 | 8-20 |
8 | FV Spfr. Halle (N) | 14 | 23:56 | -33 | 5-23 |
SV Steinach 08 und der 1. FC Lauscha verzichteten auf eine Teilnahme.
Endrunde Deutsche Meisterschaft
Tabelle Gruppe 2
Pl. | Tabelle | Sp | Tore | Diff | Pkt |
---|---|---|---|---|---|
1 | Dresden | 6 | 9:0 | +9 | 10:2 |
2 | Eimsbüttel | 6 | 10:10 | 0 | 7:5 |
3 | Osnabrück | 6 | 11:14 | -3 | 4:8 |
4 | Jena | 6 | 7:13 | -6 | 3:9 |
Serie "FCC-Historie" im Programmheft der Saison 2017/2018
zusammengefasst von Jens Büchner mit Hilfe vom Archiv von Udo Luy.
Mit 13 Siegen zur Meisterschaft
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 1/6)
Als der FC Carl Zeiss Jena noch 1. SV Jena hieß, zählte unser Verein zur regionalen Spitze.
Ein bundeslandübergreifendes Ligensystem wie heute gab es zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht.
Dafür kam es nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zur Gründung von sogenannten Gauligen als oberste Spielklassen in den Territorien Deutschlands. 16 an der Zahl wurden installiert. Jena gehörte zur Gauliga Mitte, die im Wesentlichen das heutige Gebiet der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie kleine Teile Nordsachsens und Südwestbrandenburgs umfasste.
Der 1. SV Jena sollte bis 1944 als einziger Verein ununterbrochen der Gauliga angehören. Mit dem SV Dessau teilte sich unser Ursprungsverein zehn der elf Meistertitel und war punktemäßig nach 190 Spielen in elf Serien (115 Siege, 21 Unentschieden und 54 Niederlagen) der erfolgreichste Gauligist in der mitteldeutschen Region, ehe zum Kriegsende hin der Sportbetrieb gänzlich zum Erliegen kam.
Viermal kam Jena zu Meisterehren: 1935, 1936, 1940 und 1941. Anschließend nahm die Mannschaft an den Endrundenspielen um die Deutsche Meisterschaft teil. Dabei wurde der Mitte-Meister in eine der Vorrundengruppen gelost. Es wurden Hin- und Rückspiele ausgetragen. Die Gruppensieger spielten anschließend den Titelträger aus.
Einer, den diese Fußballjahre besonders am Herzen liegen, ist Udo Luy aus Kleinrinderfeld bei Würzburg. Der Pensionär recherchiert Fußballstatistiken aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bücher hat er auch schon herausgegeben.
„Schon als Kind habe ich Statistiken geführt. Da habe ich Tabellen geschrieben, da hat noch keiner gewusst, was das ist“, berichtete er augenzwinkernd vor zwei Jahren, als er sich unseren FCC in Weimar anschaute. Die Partie beim SC 1903 Weimar fand auf den Tag genau 112 Jahre nach dem ersten Spiel unseres FCC in seiner Vereinsgeschichte statt - am 12. Juli 1903 verlor der 1. SV Jena daheim gegen die Zweitvertretung aus Weimar mit 2:4. Im „Rückspiel“ vor mehr als 1.000 Zuschauern konnte unser FC Carl Zeiss Jena 112 Jahre später die Verhältnisse wieder gerade biegen und siegte mit 4:0 (1:0). Maximilian Wolfram, ein Eigentor des Weimarers Georg Berger, Robin Krauße und Maximilian Schlegel markierten die Treffer für Jena.
Udo Luy hielt Kontakt nach Thüringen und organisierte einen Termin mit der Redaktion unseres Stadionmagazins. Im Vorfeld der Auswärtspartie bei den Würzburger Kickers erläuterte der akribische Zahlenfreund, dass die Jenaer Spiele bei den Deutschen Meisterschaftsendrunden noch nirgends in angemessener Form dargestellt worden sind.
Den Vorschlag, die von ihm gerade aufgearbeitete Saison 1939/40 als erstes Spieljahr in den Fokus zu nehmen, nahm der FCC sehr gern an. Unterstützung bekam unser Verein zudem von Torsten Scherer. Der Zeulenrodaer hat die umfangreichste Sammlung von Memorablien wie Programmhefte, Eintrittskarten, Ansetzungsplakate, Trikots, Wimpeln und alles, was mit dem FCC in Verbindung steht.
Meister der Gauliga Mitte
Der 1. SV Jena mit Trainer Adolph Prokoph enthronte in der Saison 1939/40 den SV 05 Dessau. Die Anhaltiner hatten zuvor zweimal den Titel gewonnen. Diesmal waren die Männer aus dem Paradies klar tonangebend in der Gauliga. Einzig beim 3:3 in Dessau gab Jena einen Punkt ab. Alle anderen Begegnungen der Achterstaffel gewann der 1. SV. Gegen den VfL Halle 96 wurde mit 7:0 der höchste Sieg eingefahren.
Start an der Bremer Brücke Der 1. SV Jena bekam in der Endrunde mit dem Dresdner SC einen echten Brocken zugelost. Der Dauermeister Sachsens stand damals am Beginn seiner besten Zeit. Im gleichen Jahr sollte der DSC erstmals Deutscher Pokalsieger werden. Die Sachsen waren der Topfavorit der Vorrundengruppe. Der Eimsbütteler TV hatte sich die Gaumeisterschaft in der Nordmark durch ein 4:1 und 6:0 über den Titelverteidiger Hamburger SV gesichert. Dritter Gruppengegner war der VfL Osnabrück, der in seinem Gau Niedersachsen zuerst den SV Werder Bremen sicher hinter sich ließ und in den Endspielen mit 3:2 (H) und 2:2 (A) gegen Hannover 96 die Oberhand behielt. Mit dem Auswärtsspiel an der Bremer Brücke in Osnabrück startete die Jenaer Mannschaft am 12. Mai 1940 in die Endrunde. Der Kicker - Die deutsche Fußballillustrierte berichtete als „Amtliches Organ des Reichsfachamtes Fußball im Deutschen Reichsbund für Leibensübungen“ ausführlich über die Endrundenpartien und auch den Auftakt in Niedersachsen. Der Reporter sah ein Spiel, das nicht ganz das erwartete Leistungsniveau einer Endrundenbegegnung erreichen konnte. Osnabrück beklagte das längerfristige Fehlen von fünf Stammspielern. Gegen Jena musste auf zwei weitere wertvolle Kräfte verzichtet werden, während der 1. SV nahezu in Bestbesetzung antreten konnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund galt der Mitte-Meister von der Aufstellung und von der Papierform her als favorisiert. Die 90 Minuten kehrten die Verhältnisse aber um. Die zwangsläufig stark verjüngte VfL-Elf gab den Ton an. Jena dagegen enttäuschte, agierte zu nervös, das gewohnte Zusammenspiel funktionierte nicht wie gewünscht und im Angriff war man zu umständlich. Die Osnabrücker hielten den Ball flach, im doppelten Sinne und waren in der Offensive produktiver. Sie verdienten sich den 5:2-Auftakterfolg. Der VfL-Motor Billen auf der halbrechten Seite eröffnete den Torreigen mit zwei prächtigen und unhaltbaren Schüssen in der 19. und 25. Minute. Billen verletzte sich. Da Auswechslungen noch nicht erlaubt waren, musste Osnabrück umstellen. Jena kam besser ins Spiel und wurde gefährlicher. Nach der Pause war es aber wiederum der Gastgeber, der jubeln konnte. Reitzer erhöhte auf 3:0 (50.), ehe Jena durch ein Eigentor verkürzte. In der 70. Minute war der alte Abstand durch ein Elfmetertor des VfL wiederhergestellt. Zehn Minuten später zappelte das Leder wieder im SV-Tor, nachdem Keeper Patzl durch einen abgefälschten Schuss getäuscht wurde. Das 1:5 war ein unerwartet hoher Rückstand, der lediglich durch einen wegen Handspiels verhängten Elfmeter am Ende noch etwas glimpflicher ausfiel. Die „entschlossenere Torausnützung und das bessere Schussvermögen“ entschieden die Begegnung an der Bremer Brücke für den Gastgeber.
Schön und Hofmann im Paradies
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 2/6)
Der Auftakt der Gruppenspiele war für den 1. SV Jena beim 2:5 in Osnabrück missglückt. Zum ersten Heimspiel gastierte der aufstrebende Dresdner SC an der Saale. Die Sachsen stiegen erst eine Woche später in die Meisterschaft ein und kamen mit Vorschusslorbeeren nach Jena, denn der DSC war im Jahr zuvor erst im Wiederholungsspiel des Halbfinals gegen Schalke ausgeschieden. Es war die vorweg genommene Finalpaarung, denn die Knappen besiegten - angeführt von Kuzzora, Tibulksi und Szepan - anschließend Admira Wien (Österreichs Anschluss war 1938 erfolgt) mit sage und schreibe 9:0. Dresden konnte auch 1939/40 mit einer exzellenten Mannschaft aufwarten. Torhüter Willibald Kreß, Richard Hofmann (zwischen 1932 und 1936 Rekord- Nationalspieler) und Helmut Schön (der spätere Weltmeistertrainer der Bundesrepublik Deutschland von 1974) zählten zu den besten Akteuren in Fußball- Deutschland und bildeten eine unglaublich starke Achse im DSC-Spiel. Der Kicker - Die deutsche Fußballillustrierte berichtete auch vom 2. Spieltag der Gruppenphase in aller Ausführlichkeit von der Begegnung, die die Jenaer Zuschauer in ihren Bann gezogen hatte. Zum ersten Mal überhaupt begegneten sich beide Vereine und da die Spielstärke des DSC natürlich in Jena bekannt war, bekam die Mannschaft eine völlig neue Taktik für die 90 Minuten: Defensivarbeit mit knallharter Manndeckung stand im Vordergrund. Einmal war diese nötig, da man eine Woche zuvor fünf Buden in Osnabrück bekommen hatte. Zum anderen konnte man mit den technisch versierten Dresdnern keinen offenen Schlagabtausch wagen. Dazu waren die Kräfte zu klar verteilt. Und so gestaltete sich dann auch die Partie. Jenas ganze Willenskraft und Aufmerksamkeit war auf Verteidigung ausgerichtet. Nur das eigene Tor sauber halten, war die vordergründige Devise. Dresden übernahm von Beginn an die Initiative, kam aber nicht entscheidend zum Zug. Jenas Kicker kämpften aufopferungsvoll. Und zwangsläufig endete die ersten Hälfte torlos. Nach der Pause wurde Jena mutiger und stellte den Angriff um. Der gefährliche Bachmann ging in die Mitte, Gans auf Rechtsaußen und Seifert auf links. Seifert trieb ein ums andere Mal die Bälle schnell nach vorn, ohne dass die Mannschaft die Abwehrarbeit vergaß. Unter den DSC-Schlachtenbummlern gab es da schon die ersten unzufriedenen Gesichter. Im Laufe der Partie sollte die Mannschaft von Adolph Prokoph dem laufaufwendigen Spiel Tribut zollen müssen. In diesem und den anderen Endrundenbegegnungen wurde den Zeiss-Städtern zwar eine hervorragende Kondition bescheinigt, aber die filigranen DSC-Akteure waren halt eine Klasse für sich und die Jenaer Elf kam an ihre Grenzen. Und in der 69. Minute war es soweit. Hofmann hatte für Schaffer vorgelegt, der auf Schön spielte. Den Kopfball des damals 24-Jährigen nahm König auf, der mit einem unhaltbaren Flachschuss dem ansonsten wieder einmal famos haltenden Jenaer Keeper Patzl das Nachsehen gab. Nur zwei Minuten später fiel das 0:2. Wieder war Schaffer beteiligt, dessen Ball den Kopf von König fand und von da aus ins linke Toreck sprang. Nun wurde das Spiel für die Zuschauer besonders interessant, denn der Gastgeber musste, wie man heute sagt, aufmachen und alles riskieren. Vor al- Die Ergebnisse 1. SV Jena - Dresdner SC 0:2 Eimsbütteler TV - VfL Osnabrück 3:1 lem dann, wenn die Elf des 1. SV mit fünf Angriffsspielern stürmte, wurde es spannend. Der DSC war jederzeit in der Lage, schnelle Konter zu fahren. Und so gab es noch einige Möglichkeiten auf beiden Seiten. Ullrichs Schuss touchierte die DSC-Latte und auf der anderen Seite war Hofmann mit einem satten Schuss, damals „Bombe“ genannt, zur Stelle. Patzl war am Ball dran. Jenas Verteidiger Hädicke, der sich im Spiel Bestnoten verdiente, klärte.
Wolkenbruch verhalf zum Sieg
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 3/6)
Der Nordmarkmeister aus Eimsbüttel sollte bis zur letzten Partie der Vorrunde mit dem Dresdner SC um den Staffelsieg spielen. Als der 1. SV Jena in Hamburg gastierte, verlor der ETV jedoch zwei wichtige Zähler. Nach dem 3:1-Heimerfolg eine Woche zuvor gegen Osnabrück traute jeder den Eimsbüttelern einen weiteren Erfolg zu. Der Kicker - Die deutsche Fußballillustrierte beschrieb die Partie als Wasserschlacht. Dass Hamburg regelmäßig Schmuddelwetter erlebte, war nichts Neues. Aber an diesem letzten Maiwochenende waren der Gewitterregen und die kühlen Temperaturen unpassend zur Jahreszeit - und spielbeeinflußend. Als ein weiterer Schauer allzu stark wurde, entschloss sich der Unparteiische Röhrbein aus Berlin zu einer Unterbrechung. Nach zwanzig Minuten kamen die Gastgeber scheinbar gestärkt aus der Kabine. Aber nur scheinbar. Zuvor hatten die Hamburger nicht annähernd die Form vom Osnabrück-Sieg gezeigt. Im Sturm klappte es gar nicht und auch die Läuferreihe des ETV hatte einen schlechten Tag. Jena machte es von Beginn an gut und nach der Regenpause kamen die Männer aus der Zeissstadt merklich besser mit den Bodenverhältnissen zurecht. Der Platz war aufgeweicht und nicht einfach zu bespielen. Die Elf des 1. SV kombinierte echt hübsch, kam aber nicht zu einem gefährlichen Abschluss. Auf der anderen Seite sah es nicht anders aus. Kurt Manja (Manja I) und Weber verpassten ein paar Gelegenheiten, die wirklich zu Toren hätten führen müssen. Es fehlte aber an der Frische, die die ETV-Kicker noch eine Woche zuvor ausgezeichnet hatte. Das einzige Tor fiel nach ungefähr 15 Minuten Spielzeit der zweiten Hälfte, Eimsbüttels Timm hatte das Pech, den Ball ins eigene Tor abrutschen zu lassen. Der Verteidiger sollte zum Pechvogel des Tages werden. Zehn Minuten nach den Fauxpas vor dem eigenen Gehäuse stand er am Elfmeterpunkt. Nach einem Handspiel hatte der Schiedsrichter abgepfiffen. Timm, sonst ein sehr sicherer Schütze, verschoss und Jena blieb in Führung. Die gab die Elf von der Saale nicht mehr aus der Hand. Der tiefe Boden machte die ETV-Akteure müde, während die Mannschaft von Trainer Prokoph noch Körner hatte. Die letzte Viertelstunde gehörte den Jenaern, die nun die Chance hatten, den Vorsprung auszubauen. Mit dem Schlusspfiff wurde der 1. SV für die schlechte Chancenverwertung fast bestraft. Die Hausherren hatten noch einmal eine Ecke, aber Keeper Patzl war zur Stelle. Überhaupt dieser Patzl, der wie in fast allen Partien beste Kritiken erhielt! Er stammte gebürtig aus Böhmen. Cestmír Patzel, so sein tschechischer Name und woher auch die ab und an abgewandelte Schreibweise seines Nachnamens herrührt, begann mit dem Fußballspielen in seinem Heimatort Karbitz. 1932 wechselte er zum Teplitzer FK (später FK Teplice), einem der besten Klubs der deutschsprachigen Bevölkerung der Tschechoslowakei. In Teplitz spielte Patzl von 1932 bis 1936 in der höchsten tschechoslowakischen Liga. 1939 schloss sich der 1914 geborene Torhüter dem 1. SV Jena an. Nach drei Jahren und zwei Meisterschaften in der Gauliga Mitte wechselte er zur Saison 1942/1943 zu den Offenbacher Kickers, wo er noch bis 1948 als Spieler aktiv war und verletzungsbedingt seine Spielerkarriere beenden musste. Später war Patzl noch als Schiedsrichter beim DFB tätig. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1934 in Italien gehörte er als Ersatztorhüter hinter Torwartlegende František Planicka zum Kader der tschechoslowakischen Nationalmannschaft und wurde mit seinem Team Vizeweltmeister. Insgesamt bestritt Patzl in den Jahren 1934 und 1935 vier Spiele für die tschechoslowakische Nationalmannschaft. Patzl erlebte beim Jenaer Gruppenspiel in Hamburg ein für heutige Verhältnisse unverstellbares Kuriosum. Nach der wetterbedingten Unterbrechung in der ersten Hälfte wurde auf die Pause zwischen den Halbzeiten verzichtet. Es wurde gleich weitergespielt, damit die Jenaer noch rechtzeitig ihren Zug zurück in die Heimat bekommen konnten. Mit dem 1:0 bewahrte sich der 1. SV Jena die Aussicht auf eine gute Platzierung in der Gruppe. Zwar konnte der Mitte-Meister die fachkundigen Reporter nicht immer überzeugen. Anerkennend wurde aber stets das Durchhaltevermögen hervorgehoben. Eine starke Kondition, die in der Zeit der DDR-Oberliga zu einem Markenzeichen der Jenaer Teams werden sollte, zeichnete also schon unsere Fußballer der Ära 1939/40 aus.
Bachmann mit Tunnel zum 2:2
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 4/6)
Nicht in Jena, sondern in Halle empfing der 1. SV Jena den VfL Osnabrück zum Rückspiel. Nach dem 2:5 war Jena auf Revanche aus, aber ein famoser Heinz Flotho im Gehäuse der Niedersachsen hatte etwas dagegen. Die Jenaer Mannschaft zeigte diesmal einen Stil, der, wie es Der Kicker - Die deutsche Fußballillustrierte skizzierte, an der Schönheit und nach dem gemessen, was man im Bereich Mitte gewöhnt ist, als beinahe unübertrefflich bezeichnet werden musste. Es gab Spielphasen, in denen die Thüringer ab und an sogar begannen alá Schalke zu „kreiseln“. Einziges Manko war, dass bei allem Kombinationsspiel nichts Zählbares heraussprang. Dabei hatten die Jenaer Kicker in der ersten Halbzeit genügend Gelengenheiten zum Toreschießen. Und das in Hülle und Fülle. Es schien mitunter so, als ob Flotho, der bärenstarke Osnabrücker Torwächter, die gegnerischen Stürmer einschüchterte. Einmal lag der Ball dann doch im Osnabrücker Tor. Als in der 27. Minute Gans traf, hatte der Schiedsrichter den Treffer bereits anerkannt. Da intervenierten Flotho und seine Mitspieler beim Schiedsrichter bis in den Mittelkreis hinein. Der Linienrichter hatte ebenso einen Regelverstoß wie die Mehrzahl der 4.000 Zuschauer gesehen. Der Jenaer Rechtsaußen hatte das Leder unauffällig mit der Hand vorbei an Flotho ins Netz befördert. Der Volksmeinung und seinem Assistenten gab Referee Kurz nach. Der 1. SV Jena hätte zur Halbzeit trotzdem mit 2:0 führen müssen, lautete das Resümee. Stattdessen führte der VfL mit 1:0. Augustin hatte getroffen (15.). Reitzer bekam in Abseitsstellung den Ball und leitete ihn zielgenau auf den Stürmer weiter. Der Schiedsrichterpfiff blieb aus. „Es ist noch alles drin“, war die Meinung aller beim Seitenwechsel. Hesse vom VfL musste auch gleich für seinen diesmal schon geschlagenen Keeper retten. Jena belohnte sich noch nicht für seine Offensivbemühungen. Vielmehr wurde die immer wieder weit aufgerückte Elf klassisch ausgekontert. Wie beim ersten Gegentreffer schalteten die Niedersachsen schnell und Höhners Schuss aus 25 Metern zappelte im Tor. Der 1. SV-Torhüter Patzl war beim Drehschuss Höhners von der Sonne geblendet worden und ließ den Ball passieren (71.). Osnabrück tat sich fortan leichter, ohne das Jena das optische Übergewicht verlor. Fünf Minuten nach dem 0:2 kombinierten sich Seifert und König durch die Abwehr und Bachmann nahm die Vorlage auf und markierte unhaltbar den Anschluss. Das Spieltempo machte den Gästen mit zunehmender Dauer zu schaffen. Bis auf einen. Billen, im Hinspiel zweifacher Torschütze, tankte sich ein ums andere Mal durch und war als „Durchreißer“ von den Jenaer Reihen kaum zu stoppen. Der 1. SV belohnte sich schließlich noch für seine Bemühungen. Werner, der im Laufe der Partie von der Läuferposition in den Angriff gewechselt war, legte zwei Zeigerumdrehungen vor dem Schlusspfiff für Bachmann auf, der mit Wucht den Ball durch die Beine des herauslaufenden Flotho jagte. Die Zuschauer waren zufrieden mit dem Remis und die Zeissstädter hatten immerhin noch ein Unentschieden erzwungen. Sie durften sich als moralische Sieger sehen, da sie mehr für das Spiel getan hatten. Der Fußball begann zu dieser Zeit immer mehr im Schatten zu stehen. Der 2. Weltkrieg war in vollem Gang und hatte die ersten Opfer gefordert. Jena spielte in Trauerflor. In der 15. Minute unterbrach der Schiedsrichter für eine Gedenkminute. Jenas Mittelstürmer Schulschfski war an der Westfront gefallen.
Fast komplette Zeit in Unterzahl
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 5/6)
Die Kugel, die damals nicht immer rund, aber dafür noch aus Leder war, rollte für den 1. SV Jena gegen den Eimsbütteler TV das letzte Mal in der Meisterschaftsrunde im heimischen Stadion. Die Männer aus dem Paradies konnten sich nicht mehr für das Halbfinale qualifizieren, da allein der 1. Rang zur Teilnahme berechtigte. Eimsbüttels Hoffnungen lebten. Dresden war noch in Schlagdistanz. Dass die Gäste aus Hamburg am Ende wirklich an der Saale gewannen, lag aber nicht an der Tabellenkonstellation. Der 1. SV Jena hatte einfach Pech. Pech, weil die Elf fast die komplette Spielzeit zu zehnt spielen musste. In der 5. Minute zog sich Bachmann einen Schlüsselbeinbruch zu und da es die Wechselregel noch nicht gab, blieb nur die Unterzahl. Der Kicker - Die deutsche Fußballillustrierte bewunderte die Moral der Jenaer, denn während Bachmann im Krankenhaus behandelt werden musste, lieferten seine Mannschaftskameraden einen großen Kampf. Sogar ein Sieg war möglich, obwohl die revanchelüsternden Gäste - das Hinspiel endete 1:0 für Jena - einen großen Vorteil hatten. Bis zur letzten Sekunde sollte Kowalski im ETV-Tor mehr zu tun haben als Patzl. Zuvor spielten die Hamburger ihre zahlenmäßige Überlegenheit clever aus. Stührk traf keine zehn Minuten nach Bachmanns Ausscheiden nach einer Ecke per Kopf. Und Kurt Manja (Manja I) erhöhte (25.), als noch keine halbe Stunde vorbei war. Doch Jena steckte nicht auf und kam zwei Zeigerumdrehungen vor dem Pausenpfiff durch Schönborn zum verdienten ersten Treffer. Zu Beginn der zweiten Hälfte drückten die Gastgeber weiterhin und der Ausgleich lag in der Luft. Eimsbüttel sah sich in die Defensive gedrängt. Man hatte nicht mehr das Gefühl, dass Jena nur zu zehnt spielte und dachte kaum mehr daran, dass Eimsbüttel das 2:1 halten würde. Vielmehr schien es eine Frage der Zeit zu sein, wann das 2:2 fallen wird. Und gerade in dieser Zeit glückte dem Nordm a r k - M e i s t e r einer der besten Spielzüge. Der Ball wurde förmlich nach vorn getragen. Es war in der 80. Minute, als wieder Manja I mit unhaltbarem Schuss Patzl überwand und die Vorentscheidung gefallen war.
Auch jetzt gab sich der 1. SV nicht geschlagen. In der 83. Minute belohnte sich die Mannschaft. König traf aus zehn Metern zum 2:3. Alle weiteren Bemühungen nützten an diesem Tag nichts. Beckert, der emsige Werner und alle anderen rackerten sich ab, konnten die Niederlage letztlich aber nicht abwenden. Vielmehr hatte Eimsbüttel die Riesenchance zum 4:2, als zügig aus der Abwehr herausgespielt wurde. Die Jenaer Abwehr war schon überspielt und Patzl aus dem Tor gekommen. Seine Fußabwehr sprang einem norddeutschen Stürmer vor die Füße. Doch der verzog um Zentimeter. Der Ball rollte am Jenaer Tor vorbei. Allgemein bestand die Meinung, dass Jena mit elf Mann wohl gewonnen hätte, so imponierend war der kämpferische Auftritt gewesen.
Große Gegenwehr zum Abschluss
Jenas große Spiele: Die Endrunde der Deutschen Meisterschaft 1939/40 (Teil 6/6)
Der Dresdner SC konnte sich mit einem Sieg gegen Jena und einem entsprechenden Ergebnis von Eimsbüttel in Osnabrück vorfristig für die Runde der letzten Vier der Deutschen Meisterschaft qualifizieren. Die „Rotjacken“ hatten in ihren bisherigen vier Begegnungen kein Gegentor bekommen, Jena dagegen acht. Die individuelle Stärke der DSC-Akteure und die Kompaktheit der Mannschaft sprach für einen deutlichen Erfolg der Sachsen. Jenas Anreise nach Dresden erfolgte mit Hindernissen. Einen Zug später als vorgesehen traf die Mannschaft am Sonnabend ein. In Leipzig hatte sie einen Anschlusszug verpasst. Auf dem Spielfeld im Ostragehege war das Team pünktlich hellwach und konnte in der 1. Halbzeit dem Favoriten mehr als gleichwertig entgegentreten. Wieder legte der Trainerstab besonderen Wert auf die Abwehrarbeit, um den möglichen Angriffswirbel des Gastgebers wirkungsvoll unterbinden zu können. Von einem hohen Erfolg war der Gastgeber weit entfernt. Die Dresdner Zuschauer ließen ihrer Enttäuschung freien lauf und gingen laut dem KICKER mit wehenden Fahnen zum Gegner über und feuerten Jena bei jeder Gelegenheit und jedem Vorstoß mit dröhnendem Beifall an. Die Dresdner ließen sich nach der Pause nicht lange bitten und der Knoten platzte, den die wiederum aufopferungsvoll kämpfenden Jenaer in der 1. Halbzeit ins Aufbauspiel des Favoriten geschnürt hatten. Die „Rotjacken“ agierten nun konsequenter nach vorn, ließen ihre Gegner immer wieder stehen und hatten auch das Glück, dass einer ihrer ersten gefährlichen Angriffe gleich die Führung einbrachte. Schaffer wurde von Schön bedient und der platzierte das Leder in der 52. Minute zum 1:0 und zum Endstand in die Maschen.
Mehr Tore ließ der 1. SV Jena nicht zu, auch weil Schipphorst & Co. so spielten wie das bruchsicherste Glas aus der Optikerstadt Jena, nämlich hart. Dieses „Kampfspiel“ fiel zur damaligen Zeit unter „gesunde Härte“. Kritik übten die Beobachter aber doch. „Hat der Mittemeister über der Deckung den Angriff vergessen“, fragt dann auch KICKER-Sportreporter Paul Hoeritzsch. Folgerichtig konnte er von Großchancen Jenas nicht berichten. Mit dem Ergebnis konnten die Jenenser leben, während die Dresdner trotz des Sieges nervös waren. Sofort nach Spielende wurde ein Ferngespräch nach Osnabrück angemeldet, um das Ergebnis im Parallelspiel zu erfahren. Dann die Ernüchterung. Der DSC ist noch nicht durch. So musste der direkte Vergleich im Nachholspiel zwischen Eimsbüttel und Dresden über den Gruppensieg entscheiden. Und die Sachsen ließen keine Zweifel am Weiterkommen. Einige Tage später siegten sie bei den Hamburgern. Für den 1. SV Jena bedeutete das Gastspiel den Abschluss der Gruppenspiele. Knapp zwei Monate später trat die Mannschaft im DFB-Pokal-Vorgänger, dem Tschammer-Pokal an. Dort schied Jena allerdings schon in der 1. Runde nach einem 0:1 zu Hause gegen TuRa Leipzig aus. In der folgenden Saison konnte sich der 1. SV Jena als erneuter Meister der Gauliga Mitte wiederum für die Deutsche Endrunde qualifizieren. Im April und Mai 1941 waren der Hamburger SV und der VfB Königsberg die Gegner.