1960 FDGB-Pokal Halbfinale: SC Motor Jena - SC Motor Karl-Marx-Stadt 7:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | FDGB-Pokal, Halbfinale |
Saison | Saison 1960 |
Ansetzung | SC Motor Jena - SC Motor Karl-Marx-Stadt |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena |
Zeit | So. 04.09.1960 16:00 Uhr |
Zuschauer | 6.000 |
Schiedsrichter | Kunert (Dresden) |
Ergebnis | 7:1 (2:1) |
Tore | |
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Aufstellungen
- Jena (blau)
- Harald Fritzsche
- Hans-Joachim Otto, Siegfried Woitzat, Hilmar Ahnert
- Walter Eglmeyer, Hans Graupe
- Roland Ducke, Peter Ducke, Dieter Lange, Horst Kirsch (67.Helmut Müller), Erwin Schymik
Trainer: Georg Buschner
- Karl-Marx-Stadt (rot-weiß)
- Dieter Löschner
- Dieter Nötzold, Willy Holzmüller, Klaus Enold
- Wolfgang Schmidt, Peter Fischer
- Eberhard Schuster, Rolf Steinmann, Dieter Riemenschneider, Eberhard Winkler, Eberhard Taubert (70. Hirsch)
Trainer: Hans Höfer
Spielbericht
Der Sieg fiel Jena in den Schoß
Das Vordringen der Karl-Marx-Städter bis zur Vorschlußrunde war allgemein eine Überraschung. Sie wurde es um so mehr für die Besucher des Jenaer Spiels, die einen derartigen Klassenunterschied zwischen den beiden Vorschlußrundenkontrahenten nicht erwartet hatten. Man täusche sich nicht beim Lesen des Halbzeitresultates! Genausogut, wie es in der zweiten Hälfte fünf Jenaer Treffer gab, hätte es auch zur Pause schon ganz klar für den Oberligisten stehen können. Setzen wir gleich an den Anfang die kritische Feststellung, daß diese Karl-Marx-Städter Elf totz ihres Eifers, trotz ihrer Fairness und des ständigen Bemühens um ein offenes Feldspiel-Geschehen den Jenaern kaum einen ernsthaften Prüfstein setze. Die von den 6000 erwartete Pokal-Atmosphäre gab es praktisch nur zu diesem Zeitpunkt, als der 18jährige Steinmann in erstaunlich kaltschnäuziger Art mit einem aus der Karl-Marx-Städter Abwehr abgegebenen Steilpaß gegen die leichtsinnigerweise weit aufgerückte Jenaer Abwehr auf und davon stürmte und sich am erfolgreichen Torschuß zum vorübergehenden 1:1 nicht hindern ließ. Damit war Duckes II frühzeitiges Führungstor egalisiert, aber schon eine Minute später wies Schymik mit einem überlegten "Heber" aus 14 Meter Entfernung nach Kopfballvorlage von Ducke II den Erstligisten wieder in die Schranken. Was sich dann bis zum Halbzeitpfiff vor dem Karl-Marx-Städter Tor abspielte, ist nur mit Hilfe des Notizblockes zu beschreiben: 24. Minute: Langes Scharfschuß nach Ducke I Vorarbeit wehrt Löschner großartig ab, Langes Nachschuß knallt an die Querlatte. 30. Minute: Freistoß von Ducke I aus 18 Metern prallt an der Abwehrmauer ab. Löschner hechtet platzierten Rückzieher von Kirsch! 31. Minute: Kirsch schießt platziert, aber Löschner pariert Flachschuß meisterhaft. 32. Minute: Löschner faustet Ducke-Flachschuß zur Ecke. 33. Minute: Lange-Bombe wird von Löschner über die Latte gelenkt. 34. Minute: Löschner bremst den allein durchkommenden Ducke II an der Strafraumgrenze (regelwidrig?). 35. Minute: Direktschuß von Lange wird von Löschner sicher pariert.
In dieser Art ging es weiter. Und prasselnder Sonderbeifall der 6000 anerkannte die Großtaten des ehemaligen Meeraner Torwächters, der die Gäste vor einer böseren Bestrafung durch die schußfreudigen und überraschenderweise auch recht platziert schießenden Jenaer Stürmer bewahrte.
Demgegenüber hatte Fritzsche einen ruhigen Tag. Denn vor dem Gästetor gab es gleich zum Auftakt der zweiten Hälfte wieder einen Paukenschlag. Schneller Angriff Jenas über Ducke II zu Ducke I, Flankenball von der Grundlinie, Kopfball Langes an die Querlatte, von wo das Leder über Schymikzu Ducke II gelangte, dessen scharf getretener Ball von Außenläufer Schmidt mit der Faust über die Querlatte gelenkt wurde. Eine sichere Elfmeterchance für Lange.
Mit zunehmender Spieldauer fiel die Karl-Marx-Städter Abwehr mehr und mehr auseinander, selbst Routinier Holzmüller vermochte nicht immer, die Fäden zu knüpfen, und Löschner stand nicht selten Jenaer Stürmern allein gegenüber. Vorbildlich bei vielen dieser Angriffsaktionen die Uneigennützigkeit der Jenaer, bei denen erfreulich oft der günstiger platzierte Nebenmann das Zuspiel seines Kameraden erhielt.
Der Bericht möge wie ein einziges Loblied auf die Jenaer klingen, doch dürfte der SC Motor selbst diesen Pokalsieg über den Namensvetter aus Sachsen nicht überschätzen. Zu einfach wurde es den Jenaer Stürmern teilweise von ihren Gegenspielern gemacht, zuwenig Routine besitzt das junge Kollektiv Trainer Höfers noch, um einer gut aufgelegten Oberliga-Elf aus Jena erfolgreich Paroli zu bieten. Schon die kommenden Wochen mit ihren harten Punktspielen müssen den Beweis erbringen, ob die Jenaer endlich einmal zu einer gewissen Beständigkeit zurückfinden und damit ihre keineswegs befriedigende Tabellenposition im Oberhaus verbessern. Denn auch dieses Pokalspiel offenbarte Schwächen, von denen man der Abwehr eine ganze Reihe nachweisen könnte und die von routinierten Angriffsreihen bestimmt zu Gegentoren ausgenützt würden.
(Peter Palitzsch in "Die Neue Fußballwoche" vom 6. September 1960)