2006/2007 Vorbericht: FC Hansa Rostock - FC Carl Zeiss Jena

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Saison 2006/2007

2. Bundesliga - Vorbericht - 10. Spieltag

Von falschem Glanz am falschen Ort

(Wer ist schon Hansa?!)

Ach was haben sie sich jahrelang in falschem Glanz gesonnt!
Ein Aushängeschild wollten sie sein, nein, kein Witz!
Ausgerechnet Hansa!
Zeit, dass sich was dreht …!

Gegründet 1946 als SG Lauter wurde diese 1950/51 zur BSG Freiheit Wismut Lauter und schaffte 1951/52 als BSG Empor Lauter den Oberligaaufstieg, nicht zuletzt Dank der Heimstärke im eigenen „Stadion am Lumpicht“.

Als die damaligen Herren des Landes meinten, auch der gemeine Fischkopp solle sich neben Ackerbau und Inzucht noch anderen Vergnügungen hingeben dürfen, wurde über Nacht ein Verbandsbeschluss herbeigeführt und umgesetzt, der auch den Rostockern so etwas wie Fußball bescheren sollte. Die Idee, eines der damals drei erzgebirgischen Oberliga-Teams ans Wasser zu holen, soll vom damals in Rostock schon mächtigen 27 Jahre alten Harry Tisch gestammt haben (den Namen sollte man sich kurz mal merken). Um den Holzmichels ihren Umzug schmackhaft zu machen lud man sie übrigens samt ihrer Frauen in einen Bus, kutschierte sie nach Kühlungsborn und machte ihnen somit klar: Urlaubsplätze gehören zukünftig nicht mehr zu den Dingen, die euch Sorgen bereiten!

Wie alle Retorten-Babies dieser Welt fiel auch der SC Empor Rostock (der FC Hansa wurde am 28.12.1965 gegründet) eher durch skurrile Geschichten auf und dümpelte letztendlich im Niemandsland des DDR-Fußballs vor sich hin. Selbst in der Kategorie, die ihnen am ehesten zustünde, belegten die Küstennebler nur den zweiten Rang und den müssen sie sich auch noch mit Chemie Leipzig und dem HFC teilen: Hansa schaffte in OL-Zeiten 5 Abstiege und 5 Aufstiege. (Platz eins dieser tollen Statistik belegt Union, die 6 Aufstiege verbuchen konnten.)

Lausig mit Trainer umzugehen, gehörte im Fischerdorf schon immer zu den besonderen Spezialitäten. 1970 erklärte der 2. Sekretär der Rostocker SED-Bezirksleitung einem gewissen Heinz Werner (der vorher Kernkraftwerk [KKW] Greifswald trainierte und später zu den am meisten überschätzten Witzfiguren der DDR-Trainerzunft gehörte), er sei jetzt der verantwortliche OL-Trainer bei Hansa. Dafür wollte Harry Tisch, inzwischen 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Rostock, aber auch Erfolge sehen. Allerdings blieben diese auf Dauer aus. Es nahte der 8. März 1975, Internationaler Frauentag. Harry Tisch, Goldkronen- und Hansa-Bräu-seelig saß reichlich besoffen auf seinem Platz im Ostseestadion und sah „seine“ Hanseaten 0:2 nach 20 Minuten hinten liegen. Noch während die erste Halbzeit lief, ließ Tisch Werner von der Trainerbank holen und entließ ihn mit den Worten „So etwas wagst Du mir hier anzubieten!?“
Ach so, der Gegner: FC Carl Zeiss Jena!

Nicht verwunderlich ist daher das folgende Zitat von Achim Streich: „Nach dem Abstieg von Hansa Rostock wollte ich eigentlich nach Jena. Ich hatte mich dort schon schriftlich angemeldet. Doch während meines Urlaubs in Wernigerode wurde ich nach Berlin geladen. Dort stellte mich Schneider (Günter Schneider, damals Generalsekretär des DFV der DDR – d.Verf.) vor die Wahl: Entweder ich spiele in Rostock in der Liga oder in Magdeburg.“[1]

Nach dem man die Saison 1985/1986 mal wieder auf einem der angestammten und geliebten Abstiegsplätze beendet hatte, warf man Trainer Klaus Creul raus und holte Werner Voigt aus Berlin. „Pico“ Voigt gelang es als erstem Trainer, den Rostockern de Schlendrian auszutreiben, stieg mit ihnen auf und formierte eine im Vergleich zu vorher leidlich erfolgreiche Truppe, deren Spieler athletisch top drauf waren und sich auch ansonsten in dessen 4 Jahren sich technisch und taktisch bestens weiter entwickelt hatten. Zum Dank dafür ließ man Voigt noch fast die komplette Vorbereitung auf die Saison 1990/1991 absolvieren – und schmiss ihn raus! Jetzt holte man mit Uwe Reinders einen Blender, der bis dato nur dadurch besonders in Erscheinung getreten war, weil er in diversen Spielcasinos rund eine Million DM verzockt hatte. Genau solche „Typen“ brauchten die eh schon gebeutelten Ostklubs damals! In einer außergewöhnlichen Saison (z. B. 544 Gelbe Karten und 29 Feldverweise) profitierte Selbstdarsteller Reinders von Voigts Vorarbeit und stand mit Hansa am Ende zufällig auf Platz 1. Im Jahr danach konnte man sehen, was es heißt, Reinders alleinverantwortlich ein Team vorbereiten zu lassen: der freie Fall drohte, man entledigte sich des Dampfplauderers und seit dem ist nichts mehr von einer wirklich lang- oder auch nur mittelfristig erfolgreichen Tätigkeit des (Ab-)zockers zu vernehmen. Später machte Hansa gelegentlich noch mit peinlichen Possen Gerd Kisches (wenn der mal wieder gegen Ex-Präsi Peter-Michael Diestel albern wetterte) Schlagzeilen, aber mal ganz ehrlich: Wer von uns, der auch nur ein paar Jahre DDR-Oberliga gesehen hat, konnte Hansa jemals ernst nehmen?!

Es ist schon ein Treppenwitz der Fußballgeschichte, dass ausgerechnet der Zehnte der ewigen DDR-Oberliga-Tabelle (808:830 Punkte!!!) sich anschickte, das Märchen vom Lichtblick des Ostfußballs erzählen zu wollen. Manchmal dauert es eben etwas länger, bis die Fußball-Welt wieder in ihrer blaugelbweißen Ordnung angekommen ist. Aber der FCC ist wieder da!

Lasst uns also die Kogge zum U-Boot machen, auf geht’s!

P.S.: In der Geschichte der DDR-Nationalmannschaft gab es nur 4 Eigentore. Zu den Schützen gehörten mit Gerd Kische und Jens Wahl zwei Rostocker! 50 %! Noch Fragen …

P.P.S.: Ich kenn Onkel Toms Hütte auch nur der Legende nach …

--Kopfnuss


Anmerkungen

  1. Streich-Zitat aus: „Sparwasser und Mauerblümchen“, Hrsg. Horst Friedemann, Klartext Verlag Essen 1991

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