1962/1963 22. Spieltag: ASK Vorwärts Berlin - SC Motor Jena 0:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | DDR-Oberliga, 22. Spieltag |
Saison | Saison 1962/1963, Rückrunde |
Ansetzung | ASK Vorwärts Berlin - SC Motor Jena |
Ort | Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion in Berlin |
Zeit | Sa. 16.03.1963 15:30 Uhr |
Zuschauer | 5.000 |
Schiedsrichter | Hans Haack (Karl-Marx-Stadt) |
Ergebnis | 0:1 (0:1) |
Tore |
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Aufstellungen
- Berlin
- Alfred Zulkowski
- Peter Kalinke, Werner Unger, Hans-Dieter Krampe
- Gerhard Körner, Hans Kiupel
- Otto Fräsdorf, Jürgen Nöldner, Rainer Müller, Horst Kohle, Günther Wirth
Trainer: Kurt Weichelt
- Jena
- Harald Fritzsche
- Hans-Joachim Otto, Diethard Stricksner, Siegfried Woitzat
- Heinz Hergert, Heinz Marx
- Peter Rock
- Helmut Müller, Peter Ducke, Dieter Lange, Roland Ducke
Trainer: Georg Buschner
Spielbericht
Ideenreich, wuchtig und torgefährlich: So stürmte der SC Motor!
Die außerordentliche Bedeutung dieses Meisterschaftstreffens lag auf der Hand: Der noch amtierende Deutsche Fußballmeister, der ASK Vorwärts, stand vor der Möglichkeit, bei einem Sieg über den derzeitigen Tabellenführer seinen Rückstand auf zwei Punkte zu verkürzen. Nur dann konnte aus der Illusion der Berliner, den Titel doch noch verteidigen zu können, greifbare Realität werden. Andererseits wußten die Zeiss-Städter aber auch um den sehr hohen Preis, der ihnen bei einem vollen Erfolg winkte. Die Aussicht, damit dem erstmaligen Titelgewinn ein beträchtliches Stück näher zu kommen, ließ die Jenaer den Einsatz wagen und - das Spiel schließlich auch gewinnen.
Es war eine klassereine Begegnung voller hochdramatischer Akzente! Ideenreichtum und Spielwitz, raffinierte, technisch gekonnte Spielzüge, torgefährliches Angriffsspiel, routinierte, clevere Abwehraktionen, leidenschaftlicher Einsatzwille und letzte Hingabe, das waren wohl die charakteristischen Merkmale dieses Treffens. Und der SC Motor entschied es zu Recht für sich, weil er in wesentlichen, für den Erfolg ausschlaggebenden Belangen, entscheidende Vorteile auf seiner Seite hatte. Erläutern wir sie deshalb ganz kurz:
1. Gegen Jenas kluge und auch konsequent eingehaltene intelligente Spielanlage vermochten die Berliner kein Gegengewicht zu schaffen. Der SC Motor profitiert jetzt in immer stärkerem Maße von seiner taktischen Anlage, von seinem vorteilhaften 3-3-4 System (so jedenfalls darf man es wohl interpretieren), das ihm zunächst einmal Sicherheit , Stabilität und zahlenmäßige Überlegenheit in der Abwehr verleiht, und zum anderen es seinen profilierten Angriffsspielern gestattet, in den sich ihnen bietenden Räumen ihre individuellen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Die Motor-Elf war auf die Minute top-fit, sowohl physisch als auch psychisch. Jeder einzelne entschlossen und willensstark, wußte um seine Aufgaben, die es zu lösen galt. So entledigte sich zum Beispiel Rock, dessen enormes Laufpensum Bewunderung abnötigte, mit Geschick und Tatkraft der weitgehenden Ausschaltung Nöldners, erfüllte aber deshalb keineswegs nur defensive Aufgaben, sondern blieb darüber hinaus noch torgefährlich genug. So als er nach einem Pfostenschuß Müllers (23.) nur knapp das 2:0 verfehlte. Unerhört wirkungsvoll auch das Abwehrspiel von Hergert und Marx. Kraftvoll stemmten sich beide, vornehmlich dann in der zweiten Halbzeit, den Angriffen des ASK entgegen. Doch der rechte Läufer stie0 auch stets mit nach vorn, wenn es die Situation erforderte. Marx und Hergert waren nicht auszuspielen, sie nahmen dem Innentrio der Berliner jede Torgefährlichkeit. Zudem war auch die engere Abwehr der Jenaer kompromißlos genug, gab sich keine Blößen. Lediglich Fritzsche konnte wegen einiger Leichtfertigkeiten bei der Abwehr hoher Bälle nicht vollends überzeugen. Dafür verhinderte er aber bei einem Bombenschuß von Fräsdorf (66.) durch eine tolle Parade den Ausgleich und machte damit einiges wieder gut.
Die Abwehr des SC Motor war festgefügt, sie überzeugte. Nahezu begeisternd aber stürmte Jenas Angriffsreihe!
2. Diesem schnellen, raumgreifenden, direkten Kombinationsspiel der Jenaer hatte der ASK kaum Gleichwertiges entgegenzusetzen. Weder Müller, Lange, noch R. Ducke, schon gar nicht P. Ducke bekam die ASK-Abwehr unter Kontrolle.
Es ist nahezu unmöglich, die Vielzahl der wundervollen, stets äußerst torgefährlichen Motor-Angriffe wiederzugeben. Blitzschnell, mit verwirrenden Kurzpassfolgen oder mit weiten genauen Schlägen, wurde die ASK-Abwehr immer wieder ausgespielt. Die größte Gefahr drohte jedoch den Berlinern immer dann, wenn P. Ducke am Ball war. Zwei, ja mitunter drei Deckungsspieler passierte P. Ducke mühelos. Unwahrscheinlich sein Antritt, seine Schußkraft! Der Mittelstürmer ist augenblicklich in einer tollen Verfassung! Förmlich konsterniert mußten jedoch Jenas Stürmer drei Bälle (Müller, 23., R. Ducke, 37. und P. Ducke, 38.) an den Torpfosten krachen sehen. Schüsse, kraftvoll und sehenswert. Sie brachten dem SC Motor zwar keine weiteren Torerfolge, aber sie wiesen einen seiner größten Vorteile nach: Sein Angriffsspiel atmet Wucht, Zielstrebigkeit und Durchschlagskraft. Es ist beweglich, elanvoll, derart zwingen und zweckmäßig zugleich, daß Tore einfach fallen müssen. So muß gestürmt und geschossen werden!!!
Wir sind weit davon entfernt, dem ASK Vorwärts etwa mangelnden Einsatzwillen oder fehlende Kampfbereitschaft nachsagen zu wollen. Er unterstrich sein Wollen durch großes Laufpensum (Körner, Nöldner) und war bis zum Abpfiff bemüht, das Spiel in einer drangvollen Schlußphase noch aus dem Feuer zu reißen (Fräsdorf wurde dabei zum besten ASK-Stürmer!). Doch seine an diesem Tag bedenklichen Schwächen offenbarende Abwehr (Unger und Kalinke gegen das Jenaer Brüderpaar) und die Unproduktivität (Wirth, R. Müller und Kohle) und geringe Entschlußkraft seines Angriffs ermöglichten es nicht, dem sowohl von der kollektiven als auch von der individuellen Wirkung her stärkeren Motor-Kollektiv entscheidend Paroli bieten zu können. Überragend : Peter Ducke
(Günter Simon in "Die Neue Fußball-Woche" vom 19. März 1963)
Reserven : 1:1 - Jena : Lohmann ; Bonn, Gablik , Werner ; Mahler , Eglmeyer ; Urban , Polywka , Kirsch , Röhrer , Schymik - Tore : Studzinski / Kirsch