1968/1969 FDGB-Pokal Achtelfinale: 1. FC Union Berlin - FC Carl Zeiss Jena 0:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | FDGB-Pokal, Achtelfinale |
Saison | Saison 1968/1969 |
Ansetzung | 1. FC Union Berlin - FC Carl Zeiss Jena |
Ort | Stadion "Alte Försterei" in Berlin |
Zeit | Sa. 30.11.1968 13:30 Uhr |
Zuschauer | 5.000 |
Schiedsrichter | Rudi Glöckner (Markranstädt) |
Ergebnis | 0:1 (0:1) |
Tore |
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Aufstellungen
- Berlin
- Rainer Ignaczak
- Wolfgang Hillmann, Hartmut Felsch, Wolfgang Weißenborn, Klaus Korn
- Meinhard Uentz, Harald Betke
- Ralf Quest, Jürgen Steinke, Harry Zedler, Günter Klausch
Trainer: Werner Schwenzfeier
- Jena
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Werner Krauß, Heinz Marx, Michael Strempel, Jürgen Werner
- Gerd Brunner, Rainer Schlutter, Harald Irmscher
- Helmut Stein, Dieter Scheitler, Roland Ducke
Trainer: i. V. Herbert Keßler
Spielbericht
Der 23. Mitspieler war der Zufall
Keine sechs Monate sind vergangen, da hielten Union-Mannschaftskapitän Ulrich Prüfke und der Schütze des Siegestores zum 2:1 über den FC Carl Zeiss, Ralf Quest, umringt von ihren Kameraden, glücklich die schwergewichtige FDGB-Pokaltrophäe im Hallenser Kurt-Wabbel-Stadion in die Höhe. Nun wartet die Bronzestatue schon auf den neuen Besitzer. Jena hatte am vergangenen Wochenende die späte Genugtuung, sich für die bittere Niederlage im Sommer zu revanchieren. Noch zwei Hürden sind zu überspringen, dann würden die Thüringer wieder im Finale stehen.
Pokalverteidiger contra Meister! Zu Recht durften wohl einige Erwartungen gehegt werden. Doch daraus wurde nichts, denn der Zufall war der 23. Mitspieler, der sich allzuoft zum Hauptakteur machte. Gewiß gab es gelegentlich Phasen, in denen auch einige Kombinationen dank Uentz, Betke und Zedler auf der einen sowie Schlutter, Irmscher und R. Ducke auf der anderen Seite gelangen, aber in diesem Spiel mußten eben höhere Maßstäbe gesetzt werden.
Selbst das Fehlen verschiedener Stammkräfte wegen Verletzung (Wruck, Lauck), Erkrankung (Prüfke, R. Müller, Rock) oder Disziplinarstrafen (Hoge, P. Ducke) ist keine ausreichende Erklärung für den "Stilbruch" in den neunzig Minuten. Das Leder mußte sich häufig geradezu mißhandelt fühlen, wenn es blindlings geschlagen durch die Gegend flog. Kein Wunder, denn einige Spieler konzentrierten sich kaum auf den Ball, weil sie mehr damit beschäftigt waren, den ihnen zugewiesenen Gegner zu suchen. In der Anfangsphase rannte Strempel hinter Uentz und der wiederum hinter R. Ducke her. So gab es zeitweilig im Mittelfeld zum Erstaunen vieler Zuschauer eine Dreiergruppe, die im Dauerlauf kreuz und quer lief, ohne in das Geschehen ernsthaft einzugreifen. Immerhin "paßten" Uentz und R. Ducke bald in dieser Runde und wurden noch zu Aktivposten in ihren Mannschaften.
Jenas Verteidiger Werner war sozusagen der geistige Urheber des entscheidenden Treffers. In den ersten fünf Minuten foulte er seinen unmittelbaren Widersacher Quest gleich dreimal so heftig, daß der Unparteiische Glöckner das Notizbuch zückte, um den giftigen Abwehrspieler in der Sünderkartei zu registrieren. Als Werner nach knapp einer halben Stunde bei einem eigenen Vorstoß mit vorprellte, eilte Quest ihm nach und dachte wohl, daß er nun ebenfalls einmal an der Reihe sei. Seine unkorrekte Attacke gegen Werner in der Nähe des Strafraums wurde prompt mit einem Freistoß bestraft. Irmscher hob den Ball gefühlvoll herein, und der trotz Bedrängnis sich am höchsten reckende Strempel stieß ihn mit dem Kopf aus etwa fünf Metern unhaltbar ins Netz. Als Werner kurz darauf von einem Mitspieler gemahnt wurde, Quest sorgfältiger zu decken, konnte er es sich leisten, zu sagen: "Der ist fix und fertig!" Womit er nicht einmal unrecht hatte.
Mit Beginn der zweiten Hälfte bäumten sich die Berliner noch einmal energisch auf, zumal Jena in oft bewährter Manier die Abwehr massierte. "Hier wie auch in den letzten Minuten besaßen wir durchaus Möglichkeiten zum Ausgleich", meinte Union-Cheftrainer Schwenzfeier. "Trotzdem war nicht zu verkennen, daß schon von hinten heraus die Aktionen zu ungenau aufgebaut wurden."
Jenas Clubsekretär Herbert Keßler mußte für diesen Pokalkampf beste Kondition aufweisen. Er hatte bei der Pressekonferenz Rede und Antwort zu stehen, die Trainerstelle auszufüllen, da sowohl Cheftrainer Buschner als auch dessen Assistent Zerrgiebel wegen Erkrankung das Bett hüteten und schließlich zahlreiche organisatorische Dinge zu erledigen. Er freute sich daher ganz besonders über den Erfolg: "Das Endergebnis zählt. Sicher gibt es einige Einschränkungen zum Spielniveau zu machen. Wir hatten allerdings schon vor dem Wechsel die Chancen - ich denke nur an Scheitler - die Partie mit 2:0 oder 3:0 für uns frühzeitig zu entscheiden. Unsere Beobachtung des Wiederholungskampfes Union gegen Vorwärts Stralsund hat sich ausgezahlt. Hillmann war auf der rechten Berliner Abwehrseite auch diesmal wieder das Sorgenkind, so daß wir manche Lücke fanden."
(Günter Winkel in "Die Neue Fußballwoche" vom 3. Dezember 1968)