1972/1973 EC II 3. Spiel: FC Carl Zeiss Jena - Leeds United 0:0
Spieldaten | |
Wettbewerb | EC II, 2. Runde Hinspiel |
Saison | Saison 1972/1973 |
Ansetzung | FC Carl Zeiss Jena - Leeds United |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | Mi. 25.10.1972 14:30 |
Zuschauer | 13.724 |
Schiedsrichter | van der Kroft (Niederlande) |
Ergebnis | 0:0 |
Tore |
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Aufstellungen
- Jena
- Wolfgang Blochwitz
- Michael Strempel
- Gerhardt Hoppe, Konrad Weise (46. Peter Rock), Lothar Kurbjuweit
- Harald Irmscher, Martin Goebel, Rainer Schlutter
- Dieter Scheitler, Peter Ducke, Eberhard Vogel (75. Norbert Schumann)
Trainer: Hans Meyer
- Leeds
- David Harvey
- Paul Madeley, Jack Charlton, Norman Hunter, Trevor Cherry,
- Peter Lorimer, Billy Bremner, Mick Bates, Frank Gray,
- Joe Jordan, Allan Clarke
Trainer: Don Revie
Spielbericht
Zeiss erst nach der Pause "heiß"
Ganz zufrieden war Manager Don Revie, der Leeds United seit 14 Jahren betreut, nach dem Schlußpfiff mit dem 0:0 nicht. "Jetzt müssen wir zu Hause die Offensive suchen und gleichzeitig die Gefahr ausschalten, in einen Jenaer Konter zu laufen. Denn der FC Carl Zeiss Jena ist auswärts immer für einen Treffer gut! Es könnte im ungünstigsten Fall unsere Pläne für ein Weiterkommen durchkreuzen.", sagte er nach dem Schlußpfiff.
Sicherlich ein Kompliment für unseren Vertreter im Cup der Pokalsieger, der am Mittwoch der renommierten Elf der englischen I. Division beherzt und selbstbewußt seine kämpferischen und spielerischen Potenzen entgegensetzte. Leider hatte sich der FC Carl Zeiss erst in der zweiten Halbzeit besser auf den Konkurrenten eingestellt, der ein perfektes Spiel aus der Konterstellung heraus zeigte, ohne jedoch nur auf das Verhindern von Toren bedacht zu sein. "Wenigstens einen Treffer wollten wir hier schießen. Nach dem Wiederanpfiff hatten wir allerdings zu tun, den Angriffswirbel der Gastgeber einzudämmen.", kommentierte Don Revie. Tatsächlich beherrschte der FC Carl Zeiss, der nach Luton Town [Anm. FCC-Wiki: Jena spielte gegen Luton 1957 in einem Freundschaftsspiel aber nie im Europapokal, gemeint ist an dieser Stelle Swansea Town aus Wales] und den Wolverhampton Wanderers zum dritten Male eine Mannschaft aus England empfing, in den zweiten 45 Minuten die Szenerie. Besonders Peter Ducke schuf mit gelungenen Dribblings und einer Vielzahl von Flankenbällen Gefahr vor dem Tor der Gäste. Allerdings war die Angriffsentwicklung aus dem Mittelfeld heraus zu langatmig, spulte die Mannschaft in einem zu einförmigen Tempo herunter, um die festgefügte Abwehr der mit allen Fußballwassern gewaschenen Profis ernsthaft gefährden zu können. Dennoch lobte Jenas Cheftrainer Hans Meyer die Leistung seiner Schützlinge zu recht: "Wir zeigten das, was wir zu leisten imstande sind. Im meine, daß mit etwas Glück sogar eine bessere Ausgangsposition für das Rückspiel hätte erkämpft werden können."
Chancen dazu hatten seine Männer! In der 5. Minute erlief sich Peter Ducke eine zu kurze Rückgabe Bremners, konnte aber Harvey nicht überwinden. Zwei Minuten zuvor mußte der Leeds-Keeper all sein Können aufbieten, um einen Kurbjuweit-Scharfschuß zu parieren. Nach einer halben Stunde stand Madeley auf der Linie und beförderte einen Kopfball Goebels ins Feld zurück. Vier gute Gelegenheiten notierten wir in der zweiten Halbzeit - aber es reichte nur zu einem 0:0.
Natürlich blieb auch der zweifache Gewinner des Messestädte-Wettbewerbs seinem Ruf als spielintelligente, torgefährliche Elf nichts schuldig. Eine flache, scharfe Eingabe Lorimers wehrte Blochwitz mit einer Hand ab (7.), Bates verzog freistehend (36.), Clarkes 25-m-Schuß lenkte der Jenaer Schlußmann mit der Faust an den Pfosten, die Nachschüsse fanden nicht ihr Ziel (16.). Jordans Rakete wurde von der Unterkante der Latte aufgehalten (54.). Billy Bremner, der zähe, aber diskussionfreudige Mittelfeldakteur der Leedser, blickte angesichts dieser "Warnschüsse" optimistisch voraus. "Zu Hause trumpfen wir stärker auf, ganz bestimmt. Da werden wir in die Offensive gehen und noch mehr Chancen erarbeiten."
Die Engländer demonstrierten solide, ganz auf Zweckmäßigkeit ausgerichtete Aktionen, bestachen durch technische Perfektion und erwiesen sich dem FC Carl Zeiss auch in individuell-taktischen Belangen überlegen. Bereits die beiden Angreifer Clarke und Jordan (in der ersten Halbzeit stießen oft Lorimer, Bates, Gray oder Madeley mit in die Spitze) störten ihre Kontrahenten schon bei der Ballannahme, im Mittelfeld und natürlich in der letzten Reihe wurde erbarmungslos gedeckt. "Die individuellen Stärken der Gäste haben meinen Akteuren zu schaffen gemacht", bekannte Hans Meyer. Um so erstaunlicher, wie sich Peter Ducke zu steigern wußte, dem Hunter mit zunehmender Spieldauer hinterherlaufen mußte, wie sich alle Jenaer frei machten und den in 67 EC-Spielen innerhalb der letzten acht Jahre zur internationalen Klasse-Mannschaft gereiften Widerpart völlig in der Abwehr banden. Mehr Kaltblütigkeit und Entschlossenheit beim Ausnutzen der Chancen hätten dem FC Carl Zeiss in seinem 33. Cupspiel, dem 16. vor heimischer Kulisse, durchaus einen vollen Erfolg bringen können. "Eine insgesamt gute, niveauvolle Begegnung", anerkannte Schiedsrichter van der Kroft die Vorstellung beider Teams.
(Otto Schaefer in "Die Neue Fussballwoche" vom 31. Oktober 1972)