1974/1975 EC II 4. Spiel: Benfica Lissabon - FC Carl Zeiss Jena 0:0
Spieldaten | |
Wettbewerb | EC II, 2. Runde Rückspiel |
Saison | Saison 1974/1975 |
Ansetzung | Benfica Lissabon - FC Carl Zeiss Jena |
Ort | Estadio da Luz in Lissabon |
Zeit | Mi. 06.11.1974 |
Zuschauer | 40.348 |
Schiedsrichter | Patrick Partridge (England) |
Ergebnis | 0:0 |
Tore |
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Aufstellungen
- Lissabon (weiß-rot)
- Manuel Bento
- Humberto Coelho
- Jose Malta da Silva, Antonio Barros, Artur Correia
- Antonio José Conceição Oliveira, Eusébio (78. Jaime Gracia), Vitor Martins
- Tamagnini Nené, Vitor Baptista (46. Antonio Simoes), Mário Jorge Moinhos Matos
Trainer: Milorad Pavić
- Jena (blau-weiß)
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Helmut Stein
- Gert Brauer, Konrad Weise, Ulrich Göhr
- Lothar Kurbjuweit, Rainer Schlutter, Harald Irmscher , Martin Goebel
- Peter Ducke, Norbert Schumann (78. Harry Kunze)
Trainer: Hans Meyer
Spielbericht
Benficas neues Gesicht?
Die Lissaboner Fachzeitschrift "A Bola" staunte: "Dieses Gesicht von Benfica war uns unbekannt." Damit ist die überraschende Taktik der "Adler" treffend charakterisiert. Nicht mit einer stürmischen Offensive, wie sie Benfica sonst auf eigenem Gelände eigen ist, sondern mit einer vorsichtigen Abwartetaktik, auf das Nene-Tor in Jena bauend, suchte der Gastgeber den Weg in die nächste Runde. "Es war ein Spiel der Taktik", sah es auch Jenas Kapitän Rainer Schlutter.
Mit einem klugen Deckungskonzept hatte der FC Carl Zeiss dem portugiesischen Rekordmeister bereits zeitig den Wind aus den Segeln genommen. Moinhos gegen Brauer, Eusebio gegen Kurbjuweit, Toni gegen Goebel erzielten kaum nennenswerte Wirkung, sieht man einmal von zwei gefährlichen Schüssen Eusebios ab (10.,15.), als Kurbjuweit mit einer Knöchelverletzung am Spielfeldrand behandelt werden mußte. Zudem stand mit Grapenthin ein Sicherheit verleihender, reaktionsschneller Schlußmann im Gehäuse, der seine größten Taten in der zweiten Halbzeit bei Durchbrüchen von Nene (60.) und Moinhos (89.) vollbrachte. "Es war erstaunlich, wie sicher wir den Benfica-Angriff beherrschten", wunderte sich Libero Helmut Stein, der sich sogar einige waghalsige Einlagen gestattete.
"Zur Pause wies ich noch einmal darauf hin, schneller auf Angriff umzuschalten, um mehr Möglichkeiten zu erspielen", wiederholte Trainer Hans Meyer später noch einmal seine Pausenworte. "Es gelang uns aber nicht wie gewünscht", gestand Rainer Schlutter, zusammen mit Irmscher ein bemerkenswertes Pensum absolvierend. Vor der Pause resultierten zwei Chancen für Stein (7.) und Schumann (44.) aus Standardsituationen, nach dem Wechsel drohte Benfica Gefahr bei einem Solo von Ducke (58.), bei Hinterhaltschüssen von Irmscher (63., 72.), die nur knapp vorbeipfiffen. Das war zu wenig, um die von Humberto bestens organisierte Deckung, aus der noch Artur herausragte, ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. "Jena hätte aggressiver spielen müssen, denn es mußte ja Tore erzielen", bemerkte Benficas jugoslawischer Trainer Milorad Pavic.
Doch dazu blieb unser Pokalsieger, durch den Ausfall Vogels ohnehin geschwächt, im Angriff zu sehr unter seinen Möglichkeiten. Schumanns und Duckes Zweikampferfolge blieben gering, Schlutter und Irmscher waren zwar oft in Ballbesitz, fanden die Fortsetzung aber zumeist nur im Querspiel. Kurbjuweits und Weises Offensivkraft auch zu schwach, zumal ihnen auffällige technische Fehler unterliefen.
Die Schlußviertelstunde der Saalestädter schüttelte den Benfica-Block endlich einmal durch. Plötzlich versuchte sich auch Humberto im Kerzenschlagen, zog Nervosität in die Reihen der Lissaboner ein. "Wir mußten noch einmal bangen", gestand Libero Humberto. Die internationale Erfahrung - Ballhalten, Zeitverzögerungen, im Zweikampf förmlich den Clinch suchend - bewahrte Benfica allerdings vor größeren Unannehmlichkeiten. Den Jenensern lief die Zeit und damit die nächste Runde förmlich davon. Sicherlich ist es müßig, darüber zu polemisieren, ob die taktische Marschroute nicht zu spät verändert wurde, aber auch in "Mundio Desportivos" wurde die Frage rethorisch gestellt: "Wie wäre das Spiel wohl ausgegangen, hätte sich Jena stärker der Offensive gewidmet, so wie in den letzten Minuten?", hieß es dort.
"Natürlich ist es bitter, ohne Niederlage gegen eine europäische Spitzenmannschaft, wie es Benfica noch immer ist, ausscheiden zu müssen. Darüber kann uns auch ein 0:0 in Lissabon nicht hinwegtrösten", resümierte Hans Meyer. Positiv zu werten bleibt, daß unser Pokalsieger in Portugal eine gute Visitenkarte hinterließ. "Der Weg ins Viertelfinale, das spricht für Jena, fiel uns schwerer, als wir es selbst erwartet hatten", so Eusebio.
(Jürgen Nöldner in "Die Neue Fußballwoche" vom 12. November 1974)