1934/1935 Endrunde DM 2. Spieltag: VfB Stuttgart - 1. SV Jena 1:2

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Spieldaten
Wettbewerb Endrunde Deutsche Meisterschaft,
2. Spieltag
Saison Saison 1934/1935, Hinrunde
Ansetzung VfB Stuttgart - 1. SV Jena
Ort Donaustadion in Ulm
Zeit 14.04.1935
Zuschauer 4.000
Schiedsrichter Höchner (Augsburg)
Ergebnis 1:2
Tore
  • 0:1 König (30.)
  • 1:1 Lehmann (44.)
  • 1:2 Kind(Fuwo) oder Schipphorst (Fußball) (69.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Stuttgart
Oskar Kapp
Franz Seybold, Eugen Weidner
Heiner Buck, Walter Kotz, Gustav Rebmann
Otto Bökle, Erwin Haaga, Erich Koch, Alfred Lehmann, Willi Rutz

Trainer: Fritz Teufel

Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Trikotfarben
Jena
Paul Günther
Walter Hädicke, Kurt Ketteritzsch
Fred Harthaus, Heinz Kleinsteuber, Heinz Werner
Walter Bachmann, Alex König, Bernhard Schipphorst, Wolfgang Richter, Kind

Trainer: Josef Pöttinger

Spielbericht

Pöttingers ,,Lehrlinge`` nicht ohne - Der württembergische Meister ist nun schon vier Punkte los


Warum der VfB nicht gewann , trotzdem er im Felde überlegen war und im gesamten betrachtet , das intelligentere Spiel zeigte , ist aus zwei Gesichtspunkten heraus zu verstehen . Einmal war der Sturm der Stuttgarter vor dem Tor von einer geradezu rührenden Hilfslosigkeit . Insbesondere Rutz verdarb zusammen mit Bökle den nicht nur einmal möglichen Ausgleich , man kann sogar ruhig sagen den Sieg , Koch widmete sich mehr dem Aufbau und kam daher als Schußkanone nicht so zur Geltung wie man dies in Ulm eigentlich von ihm gewohnt ist . Das Spiel der Läuferreihe des VfB war stark auf die Offensive eingestellt , allerdings wurde durch die Mittelläufer immer wenigstens eine gewisse Sicherheitsposition nach rückwärts eingenommen . Allerdings darf eine Läuferreihe nicht derart systemlos spielen . Wenn auch das W-System in Stuttgart sich nachweislich keiner besonderen Beliebtheit erfreut , so darf man doch keineswegs zu Zwischenlösungen greifen . Hier gibt es nur ein Entweder - Oder . Auf der einen Seite die Deckung vernachlässigen und anderseits nur bedingt auf Angriff spielen geht eben nicht . Die Verteidigung der Stuttgarter hatte gegen den gefährlichen Sturm der Mitteldeutschen keine leichte Aufgabe . Immerhin erledigten die beiden alten Kämpen Weidner und Seibold wohl am besten ihr Pensum , wenn wir sie auch nicht in der Form gesehen haben , wie im Spiel um die württembergische Gaumeisterschaft . Dafür hinterließ Kapp im VfB-Tor einen besseren Eindruck , vor allem war er nicht so nervös . In der Jenaer Elf lernte man eine sehr sympathische Mannschaft kennen , die wohl mit allem Einsatz um die Punkte kämpfte , aber ohne einmal über das Maß des Erlaubten hinauszugehen . Vor allem waren die Zeisstädter außerordentlich rasch und diese Tatsache machte die nicht allzu häufigen Angriffe stets gefährlich . Insbesondere in Tornähe wurde - im Gegensatz zu den Stuttgartern - keinen Augenblick mit dem abschließenden Schuß gefackelt . Dabei ist zu berücksichtigen , daß die Mitteldeutschen sogar mit zwei Ersatzleuten stürmen mußten . So stand auf Rechtsaußen statt Schüßler Richter , der sich aber den Ersatz ebenso wenig anmerken ließ , wie der Linksaußen Kind , der für Thier spielte . Das Prunkstück der Jenenser war die Läuferreihe . Ganz hervorragend in der Deckung spielten diese drei Leute mit einer wahrhaft begeisternden Hingabe . Wenn sich die drei auch mehr der Abwehr widmeten , hatten sie doch immer noch Zeit und nahmen aber auch jede Gelegenheit wahr , den Sturm mit überragenden Steilvorlagen auf die Reise zu schicken . Mit dieser Taktik , der insbesondere die VfB-Läuferreihe nicht gewachsen war , überwanden sie Raum und Zeit und schufen dauernd gefährliche Situationen vor dem Tor des Gegners . Noch eines ist zu erwähnen : die Schule Pöttingers verleugnet sich nicht , denn als Einzelspieler zeigten sich die Jenaer von der besten Seite . Täuschen des Gegners und manchmal geradezu faszinierende Dribbling begeisterten natürlich das Publikum , dabei wurde jedoch die Technik nie Selbstzweck , sondern blieb immer Mittel zum Zweck und der Zweck war , möglichst schnell das gegnerische Tor in Gefahr zu bringen . In Jena hat der unvergessene Ex-Internationale Zöglinge gefunden , mit denen er allerhand herausholen kann . Allerding sollten die Jenaer flacher spielen ; in der Hinsicht hätten sie zweifellos von den Stuttgartern lernen können , wenn diese auch in letzter Konsequenz ihr Spielsystem nicht durchsetzen konnten . Ein Sonderlob verdient übrigens noch die herausragende rechte Seite Jenas mit Bachmann und Richter , die immer wieder den Sturm nach vorne rissen , während auf der anderen Seite selbst Koch seinen Rechtsaußen Haaga einfach nicht ins Spiel bringen konnte . Auch Kotz als linker Läufer war bedenklich schwach und das zweite Tor ist indirekt auf eine negative Leistung seinerseits zurückzuführen . Mit dieser Niederlage ist der VfB wohl endgültig aus dem Kampf um einen der beiden ersten Plätze ausgeschieden , der heute trotz der Nürnberger Überraschung (Fürth-Hanau 0:1) - unserer Ansicht nach zwischen Fürth und Hanau entschieden wird , denn wenn wir auch die Leistung der Mitteldeutschen nicht unterschätzen , glauben wir doch , daß sie gegen einen routinierten Gegner vorderhand noch die Waffen werden strecken müssen .

Spielverlauf: Schon nach wenigen Minuten war zu erkennen , daß der Torsegen nicht besonders reichlich fallen würde . Denn einmal waren auf beiden Seiten die Verteidigungen die besten Mannschaftsteile und zum anderen traute man keiner der beiden Stürmerreihen eine allzu große Initiative zu . So strich eine Bombe von Rutz nur knapp über die Querlatte und Günther im Jenaer Tor konnte nur durch eine wunderschöne Parade einen Prachtschuß von Bökle nach einem fabelhaften Dribbling unschädlich machen . Erst in der 31. Minute wurde der Bann gebrochen , als der Jenaer Mittelstürmer eine ziemlich harmlose Situation überraschend zum Führungstreffer ausnutzte . Die Angriffe der Mitteldeutschen lassen nach diesem Erfolg etwas nach , dadurch kam der VfB natürlich immer mehr in Fahrt und schließlich erzielte eine halbe Minute vor dem Halbzeitpfiff Lehmann , nach einer nicht gerade guten Abwehr Günthers, im Nachschuß den verdienten Ausgleich . Die schönsten Momente hatte das Spiel nach der Pause . Es war klar zu erkennen , daß beide Mannschaften mit aller Kraft eine Entscheidung herbeizuführen versuchten . Rutz und immer wieder Rutz vergibt durch seine Unentschlossenheit . Auch Bökle hatte mehr als einmal die Chance gehabt den Führungstreffer zu erzielen . Anders die Mitteldeutschen . In der 24.Minute wird Kotz überspielt , die Flanke des Rechtsaußen kommt zum Jenaer Linksaußen Kind , dessen Schuß unhaltbar im Kasten sitzt . Auch jetzt hatten die Stuttgarter noch mehr als einmal die Ausgleichsmöglichkeit gehabt , trotzdem Jena verständlicherweise die Deckung noch verstärkt . Schiedsrichter Höchner , Augsburg leitete vor ungefähr 4000 Zuschauern sehr ordentlich , wenn auch manche seiner Entscheidungen vielleicht angezweifelt werden konnten . Die an sich nicht hohe Zuschauerzahl ist sicherlich auf das widrige , naßkalte Winterwetter zurückzuführen . Obwohl es den ganzen Morgen regnete und sogar bis kurz vor Spielbeginn nasser Schnee fiel , befand sich das Stadion wieder in ganz prächtiger Verfassung .


,,Peter`` in der Fußballwoche vom 16.April 1935