1967/1968 FDGB-Pokal Halbfinale: FC Carl Zeiss Jena - 1. FC Lokomotive Leipzig 2:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | FDGB-Pokal, Halbfinale |
Saison | Saison 1967/1968 |
Ansetzung | FC Carl Zeiss Jena - 1. FC Lokomotive Leipzig |
Ort | Ernst-Abbe-Sportfeld |
Zeit | Mi. 22.05.1968 17:00 Uhr |
Zuschauer | 12.000 |
Schiedsrichter | Hans Schulz (Görlitz) |
Ergebnis | 2:1 |
Tore | |
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Aufstellungen
- Jena (weiß-blauweiß)
- Wolfgang Blochwitz
- Udo Preuße, Heinz Marx, Michael Strempel, Jürgen Werner
- Gerd Brunner, Rainer Schlutter
- Helmut Stein, Werner Krauß, Dieter Scheitler, Roland Ducke
Trainer: Georg Buschner
- Leipzig (blau-gelb)
- Peter Nauert
- Christoph Franke, Peter Gießner, Manfred Geisler, Michael Faber
- Karl Drößler, Werner Gase (73. Frank Weiße)
- Arno Zerbe, Henning Frenzel, Hans-Jürgen Naumann, Wolfram Löwe
- Trainer: Hans Studener
Spilebericht
Mitreißenden Tempofußball geboten
Bereits nach fünf Minuten Spieldauer standen die Zeiss-Städter vor einer Situation, die ihnen in dieser Saison auf eigenem Boden noch nicht widerfahren war: Geislers eiskalt wie raffiniert verwandelter Handstrafstoß ("Die Entscheidung war korrekt, wenn auch Werner nach Frenzels Eingabe unglücklich wegrutschte und dadurch erst die Hand zum Ball ging", urteilte Cheftrainer Martin Schwendler vom FC Rot-Weiß Erfurt) brachte die Messestädter in Führung, zum erstenmal mußten die Buschner-Schützlinge in einem Punkt- oder Pokalspiel einen Rückstand wettzumachen versuchen! Wie sie es taten, imponierte.
"Das Gegentor wirkte derart anspornend", resümierte Cheftrainer Georg Buschner voller innerer Zufriedenheit, "daß eine Flut von Angriffsaktionen daraus resultierte, der Rückstand schließlich noch in einen verdienten Sieg verwandelt werden konnte." Ja, selbst wenn Lok-Cheftrainer Hans Studener die Einschränkungen machte, daß die Leipziger "von Beginn an zu viel Respekt zeigten, dadurch nicht wie erhofft ins Spiel kamen, die günstige Situation nach dem 1:0 nicht nutzten und statt anzugreifen sich mehr und mehr auf die Verteidigung des kostbaren Vorsprungs verlegten", in dieser mitreißenden Partie boten beide Mannschaften über weite Strecken erstklassigen Fußball, bemühten sich beide Kontrahenten um eine vorzügliche Synthese von Spiel und Kampf!
Jenas Vorteile lagen dennoch klar auf der Hand: die Elf bot neunzig Minuten erbarmungslosen, zermürbenden Tempofußball (nur durch Schlutters Verletzung zu Beginn der 2. Halbzeit etwas gemindert), gönnte sich kaum eine Verschnaufpause. Selbst wenn das ständige Steilspiel, die unablässige Tempoforcierung bei Preuße, Werner und Brunner zu zahlreichen Fehlpässen führten, die Methode "steter Tropfen höhlt den Stein" verfehlte seine Wirkung nicht. Sechzehn Eckbälle (nur drei für den 1. FC Lok), einer wie der andere von R. Ducke und Schlutter kreuzgefährlich hereingeschlagen, sowie eine Fülle von scharfen oder temperierten hohen Eingaben zwangen die Lok-Abwehr zu großer Aufmerksamkeit, denn die Kopfballspezialisten des Tabellenführers, Stein und Scheitler, stürzten sich unerschrocken in den Kampf, suchten ihre Chancen. Torgefährlichen, blitzschnellen, konstruktiven Direktfußball, wie ihn die Zeiss-Elf bot - zwei Szenen in der 38. und in der 56. Minute, als das Spielfeld in Sekundenbruchteilen überbrückt wurde und einmal Strempel volley aus 18 Metern knapp vorbeiknallte und dann Brunner mit seinem wuchtigen Kopfball nur um Zentimeter das Gehäuse verfehlte, stachen dabei noch besonders heraus - sahen wir bei den Leipzigern ganz selten. Selbst wenn Naumann die Chance zum 2:0 besaß (8.), Löwe und Frenzel allein gegen Marx eine einmalige Kontermöglichkeit hatten, doch Löwe viel zu spät und zu ungenau abspielte (26.), und Preuße nach Frenzels tollem Solo (58.) gerade noch vor dem einschußbereiten Löwe einen zweiten Rückstand verhinderte, gegenüber dem FC Carl Zeiss, der die Leipziger an Kampfkraft, Energie, Härte, Lauffreudigkeit und Schußkraft deutlich übertraf, waren das nur sporadische Angriffszüge, nahm es sich insgesamt zu bescheiden aus. Jena machte das Spiel, gestaltete es nach seinem Willen, beherrschte den Gegner, der zwar einen wagemutigen Nauert und mit Frenzel und Löwe zwei gefährliche Sturmspitzen besaß, in der Summe der Klassemerkmale jedoch deutlich hinter den Gastgebern zurückstand.
Zum dritten Male stehen die Zeiss-Städter damit im Finale, das sie 1960 als Sieger (3:2 n.V. gegen den SC Empor Rostock) und 1964/65 als Unterlegener sah (1:2 gegen den SC Aufbau Magdeburg). Allein der SC Wismut Karl-Marx-Stadt stand in der Geschichte unseres Fußballs vor dem Doppelsieg in Meisterschaft und Pokal, doch er scheiterte 1959 im Pokal-Wiederholungsspiel am SC Dynamo Berlin (2:3). Jetzt hat es der FC Carl Zeiss in der Hand, das begehrte Double zu erreichen!
(Günter Simon in "Die Neue Fußballwoche" vom 28. Mai 1968)