1975/1976 EC III 4. Spiel: Stal Mielec - FC Carl Zeiss Jena 1:0, 3:2 n.E.
Spieldaten | |
Wettbewerb | EC III, 2. Runde Rückspiel |
Saison | Saison 1975/1976 |
Ansetzung | Stal Mielec - FC Carl Zeiss Jena |
Ort | Stal Stadion in Mielec |
Zeit | Mi. 05.11.1975 13:00 |
Zuschauer | 21.000 |
Schiedsrichter | Lajos Somlai (Ungarn) |
Ergebnis | 1:0, 3:2 n.E. |
Tore |
Elfmeterschiessen:
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Aufstellungen
- Mielec
- Zygmunt Kukla
- Marian Kusinski
- Krzysztof Rzesny, Edward Oratowski
- Jerzy Krawczyk, Grzegorz Lato, Witold Karas (86. Włodzimierz Gąsior), Henryk Kasperczak, Ryszard Per
- Jan Domarski (46. Zbigniew Hnatio), Ryszard Sekulski
Trainer: Edmund Zientara
- Jena
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Lothar Kurbjuweit
- Gert Brauer, Andreas Wachter
- Harald Irmscher, Martin Goebel, Rainer Schlutter, Konrad Weise, Dietmar Sengewald
- Peter Ducke (97. Klaus Schröder), Eberhard Vogel
Trainer: Hans Meyer
Spielbericht
Taktisch diszipliniert, einsatzstark - doch in der Konterattacke wirkungslos
Nach dem mageren 1:0 vom Hinspiel war das "Aus" für den FC Carl Zeiss in Mielec fast einzukalkulieren. Bis zu jenem Zeitpunkt, da Karas eine der seltenen Konzentrationsschwächen in der Jenaer Abwehr resolut zum Führungstreffer nutzte, deutete in der Zweitauflage zu mittäglicher Stunde jedoch nicht das geringste darauf hin. Denn: Weder die taktischen Geplänkel der selbstbewußt zu Werke gehenden Gastgeber noch eigene Besetzungsprobleme nach dem Ausfall von Libero Stein (Schulterprellung) nahmen Einfluß auf die taktisch disziplinierte, kämpferisch stark engagierte Haltung des Klubs. Aus dem Wissen, einer über weite Strecken wiederum elanvoll auftrumpfenden Stal-Elf Paroli geboten zu haben, resultierte am Ende die maßlose Enttäuschung über die nach nervenstrapazierendem Elfmeterduell erlittene Niederlage. Vorwürfe über das Versagen der Routiniers Vogel, Schlutter und Irmscher hörte man allerdings nirgendwo - auch nicht auf der unmittelbar nach Spielschluß angetretenen Heimreise, die genügend Zeit zum nachdenken ließ.
Mielec gab sich siegessicher. Dabei registrierte Edmund Zientara den Verzicht auf Stein mit besonderer Aufmerksamkeit. In der taktischen Grundkonzeption seiner Mannschaft war die Absicht zu erkennen, im Zentrum der Jenaer Deckung die entscheidenden Breschen zu schlagen. Lato, direkt vor der eigenen Abwehrreihe als erster Anspielpunkt postiert, sollte Weise ins Mittelfeld locken, um auf diese Art dem wieder einsatzfähigen Domarski den Weg zum Jenaer Tor frei zu machen. Hinter dieser Variante verbarg sich die Schlauheit eines Fuchses mit 44facher Länderspielerfahrung, doch der FC Carl Zeiss durchkreuzte sie dank Kurbjuweit, Wachter und Brauer, die ihr Pensum vom ersten Augenblick unerschrocken bewältigten. "Allzuviele Möglichkeiten, die Stabilität der engeren Abwehr mit einem umsichtig operierenden letzten Mann zu gewährleisten, boten sich für uns von vornherein nicht an. Kurbjuweit enttäuschte in dieser Rolle keinesfalls." So Hans Meyer.
Mielec spekulierte hier völlig unbegründet auf Fehler! Bei Kurbjuweit und Wachter, gegen den der körperlich wuchtige Domarski mit allen erlaubten und unerlaubten Tricks in der Zweikampfführung seine Chance suchte, biß der Gastgeber auf Granit. Immer wieder zur Tempodrosselung gezwungen, fand er seinen Bewegungsrhythmus zunächst nicht annähernd. Und Weise, in vorgeschobener Position stets bereit, Lato mit blitzschnellem Antritt zu versetzen, wurde im Konzept der eigenen klugen kombinationssicheren Spielentwicklung gemeinsam mit Sengewald, Schlutter und Irmscher zu einem der tragenden Akteure. Zientara gestand später: "Der Jenaer Vorstopper tat 45 Minuten lang wesentlich mehr für das Spiel der eigenen Mannschaft als Lato. Das war ganz gewiß nicht abzusehen!"
Der Lauf der Dinge entwickelte sich für Jena vielversprechend bis zu jenem Moment, da mit Hnatio der unberechenbarste, weil bewegungsstärkste Spieler des ersten Vergleichs in die Mannschaft kam und nach viertelstündigem Anlauf für die von Beginn an eigentlich erwartete Beschleunigung und Geradlinigkeit in Stals Aktionen sorgte. Im vorübergehenden Verzicht auf den nun pausenlos in die Offensive gehenden Dribbelkünstler hatte sich Mielec gewiß keinen Gefallen erwiesen - Jena hingegen sollte es nur recht sein, daß Zientara erst nach Wiederbeginn auf die mobilisierenden Qualitäten des Blondschopfs zurückgriff. "Als er auf das Feld kam, waren wir hinreichend gewarnt", urteilte Dietmar Sengewald, dessen kraftvoller Offensivstil den Polen absolut nicht behagte. Im Mittelfeld wahrte Jena auch im weiteren Verlauf mit hoher Laufbereitschaft, geschicktem wechselseitigem Vorprellen von Schlutter, Irmscher und mit dem gegen Kasperczak entschlossen handelnden Goebel das Gleichgewicht der Kräfte - nicht jedoch in der Verwirklichung der Konterattacke über Vogel und Ducke. "Hier lag letztlich die spielentscheidende Schwäche, denn beide kamen über die längere Distanz einfach nicht von ihren Gegenspielern weg", schätzte Klubvorsitzender Hilmar Ahnert zu Recht ein. Vogel investierte Können und Erfahrung zwar in zeitgewinnende Dribblings, spielverlagernde Flugbälle und cleveres Stellungsspiel - Schnelligkeitsnachteile ließen ihm sowie dem erstaunlich inaktiv wirkenden Ducke jedoch keine Chance, das Spiel herumzureißen. Jena mußte auf einen Treffer aus der zweiten Reihe hoffen. Doch leider reagierte Irmscher mit zu laschem Schuß, als er in der 72. Minute von Sengewald mit präzisem Diagonalpaß freigespielt wurde.
Hier hätte sich die Mannschaft ihren Einzug ins Achtelfinale durchaus verdienen können!
(Dieter Buchspieß in "Die Neue Fußballwoche" vom 11. November 1975)