1983/1984 ECIII 4. Spiel: FC Carl Zeiss Jena - Sparta Rotterdam 1:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | EC III, 2. Runde Rückspiel |
Saison | Saison 1983/1984 |
Ansetzung | FC Carl Zeiss Jena - Sparta Rotterdam |
Ort | EAS |
Zeit | Mi. 02.11.1983 17:00 |
Zuschauer | 12.000 |
Schiedsrichter | Biquet (Frankreich) |
Ergebnis | 1:1 |
Tore |
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Aufstellungen
- Jena
- Hans-Ulrich Grapenthin
- Rüdiger Schnuphase (60. Jürgen Köberlein)
- Gert Brauer, Konrad Weise (35. Mathias Pittelkow) , Wolfgang Schilling
- Andreas Krause, Heiko Peschke, Thomas Ludwig
- Andreas Bielau, Jürgen Raab, Martin Trocha
Trainer: Dietmar Pfeifer
- Rotterdam
- Bas van Noortwijk
- Ron Stevens
- Danny Blind, Adri Andriessen, John de Wolf
- Edwin Olde Riekering, Ron van den Berg, Louis van Gaal
- Ronald Lengkeeg, Wout Holverda, Rene Eijer
Trainer: Bert Jacobs
Spielbericht
Total verunsichert - bitterer EC-Abschied
Reden wir zunächst von taktischen Dingen und individuellen Leistungen als der Basis für kollektive Ausgewogenheit und Stabilität. In der Abwehr formierten sich die Gastgeber wieder normal mit dem Tandem Schnuphase/Weise als Libero und Vorstopper. Um die innere Unruhe in der Mannschaft zu bannen, ihr Sicherheit durch Gewohnheit und Erfolgreiches zu geben, war das auf jeden Fall richtig. Hier uferten die Stellungsspielfehler auch erst nach Schnuphases böser Kopfverletzung (schwere Gehirnerschütterung) aus. Chancen für Holverda (71., Fallrückzieher), Eyer (78.) und van de Berg (79., Kopfball ins Netz, doch aus Abseitsposition) sowie der Ausgleich des hochaufgeschossenen Mittelfeldspielers unterstrichen das zur Genüge.
Dietmar Pfeifer, der neue Mann auf der Zeiss-Trainerbank für den nach 13jähriger Trainertätigkeit abberufenen Hans Meyer (er hat sicher nicht nur meinen Respekt für sein verdienstvolles Wirken), kann nicht aus dem Füllhorn schöpfen. "Pittelkow und Peschke als Libero und Vorstopper, eine andere Alternative haben wir zunächst kaum", umriß Pfeifer eine mögliche Besetzungsvariante für die zentrale Abwehr. In ihr ist Peschke dann auch richtig platziert, denn im Mittelfeld vermochte er ebenso wenig Konstruktivität zu entwickeln wie Krause und Ludwig. "Das ist die große Schwachstelle in der Mannschaft", urteilte Harald Irmscher. Er sah die Ideenlosigkeit und die stereotypen Bewegungs- und Handlungsabläufe wie jeder andere, aber er lotete tiefer: "Rotterdam wurde taktisch vor lösbare Aufgaben gestellt. So einfach darf man es dem Gegner nicht machen."
Jena konzentrierte sich in der Tat lediglich auf zwei Angriffs-"Ideen": erstens auf den Steilpaß und Bielaus Wegsprinten, zweitens auf Raabs individuelles Durchsetzungsvermögen. Nach 40 Sekunden war Bielau schon auf und davon, einen Bruchteil zu spät vor dem herausgestürzten van Noortwijk am Leder. Zwei Riesenchancen ergaben sich durch diese Angriffsmethode für Bielau selbst (Trocha-Flanke, Kopfball aus acht Metern ins Aus/20.) und für Trocha (aus sieben Metern nach Bielau-Eingabe volley vorbei/45.). Einfach unfaßbar,wie sie vertan wurden! Auf diesen Stil stellte sich jedoch Sparta-Libero Stevens mit zunehmender Spielzeit immer besser ein. "Schon nach Jenas Auftritt in Rotterdam wußten wir, daß die Gefahr nur vom rechten Flügel drohen würde", so Trainer Bert Jacobs. Taktisch zu simpel, zu überschau- und ausrechenbar, zumal 80 Prozent aller mit vollem Risiko geschlagenen Steilpässe von der leichtfüßigen, kopfballstarken und auch keineswegs zimperlichen Sparta-Abwehr mühelos abgefangen werden konnten. Da sich Raab zudem noch ständig festdribbelte, von Andriessen nicht aus den Augen gelassen wurde, besaßen die Gastgeber weder im Mittelfeld noch im Angriff ein As in ihrem 40. EC-Heimspiel. Ganz abgesehen davon, daß sich ein Totalausfall (Trocha) im EC schon überhaupt nicht kompensieren läßt.
Die Niederländer, nach Ajax Amsterdam (1970) der zweite holländische Klub im Abbe-Sportfeld, verhielten sich lange sehr reserviert. Auch sie waren an fußballerischem Schauwert, an überzeugenden Angriffsleistungen erst nach dem Rückstand durch Schnuphases Kopfballtor interessiert. Mit der Faust im Nacken wurden van de Berg, van Gaal und Holverda jedoch ungemein aktiv, wobei ihnen die Nervositätszustände in der Zeiss-Abwehr förmlich entgegen kamen.
Jena führte einen verzweifelten Kampf voller Hingabe gegen die eigenen spielkulturellen Unzulänglichkeiten. In den Punktspielen strapaziert, durch die ungewohnte Tabellensituation verunsichert, von Verletzungen heimgesucht - Sparta nutzte die Gunst der Stunde.
(Günter Simon in "Die Neue Fußballwoche" vom 8. November 1983)