1957 01. Spieltag: SC Turbine Erfurt - SC Motor Jena 1:1
Spieldaten | |
Wettbewerb | DDR-Oberliga, 1. Spieltag |
Saison | Saison 1957, Hinrunde |
Ansetzung | SC Turbine Erfurt - SC Motor Jena |
Ort | Georgi-Dimitroff-Stadion in Erfurt |
Zeit | So. 17.03.1957 16:00 Uhr |
Zuschauer | 18.000 (darunter 4000 aus Jena ) |
Schiedsrichter | Gerhard Schulz (Berlin) |
Ergebnis | 1:1 (1:0) |
Tore |
|
Andere Spiele oder Berichte |
Aufstellungen
- Erfurt (blau)
- Rolf Jahn
- Wilhelm Hoffmeyer, Toni Skaba, Gerhard Franke
- Karl-Heinz Löffler, Jochen Müller
- Konrad Wallrodt, Georg Rosbigalle, Siegfried Vollrath, Günther Vollrath, Rolf Nieß (48. Rudi Dittrich)
Trainer: Hans Rüger
- Jena (weiß / rot-schwarz)
- Harald Fritzsche
- Georg Buschner, Karl Oehler, Rolf Hüfner
- Günter Rahm, Siegfried Woitzat
- Helmut Müller, Roland Ducke, Horst Kirsch, Gerhard Pfeiffer, Karl Schnieke
Trainer: Hans Warg
Spielbericht
Jenas Glanzsturm fehlt Nahkampfhärte
Die Fußballer aus Jena und Erfurt sind nicht erst seit gestern harte Rivalen. Dies zeigte sich auch deutlich in der spannungsgeladenen Atmosphäre im Erfurter Dimitroff-Stadion, die sich bei den Aktiven erst spät, bei den Zuschauern überhaupt nicht legte.
Die Jenaer waren für mich klarer Favorit. Sie verfügen, auch dieses Spiel zeigte es mit Deutlichkeit, über ein wohl ausgewogenes Team und spielen Fußball mit Sinn und Verstand. Alles spielt mit, und gekrönt wird die Arbeit der Elf durch eine glanzvolle, ideenreich arbeitende Stürmerreihe. Die Gastgeber mußten sich dabei gehörig strecken, um nicht von vornherein aussichtslos abzufallen.
Doch schon in der ausgezeichneten Vorpausen-Periode der Motor-Elf (10. bis 34. Minute) hatten die Jenaer Stürmer im Nahkampf nichts Entscheidendes einzusetzen. Solange das Leder über mehrere Stationen lief und die Erfurter Abwehrspieler keine Tuchfühlung zu den Jenaer Angreifern hatten, war alles gut. Im Kampf Mann gegen Mann jedoch konnten sich die Motor-Stürmer kaum entscheidend durchsetzen. In diesem Faktor liegt zweifellos der Schlüssel zum 1:1; denn auf Grund der Überlegenheit am Ball und im Mittelfeld hätte es zum Siege reichen müssen.
Die Erfurter Abwehr sah immer in dem Moment nicht gut aus, wenn sie den Gästesturm nicht konsequent "kommen ließ". In der zweiten Halbzeit war das taktische Konzept der Erfurter Deckung klar zu erkennen. In diesem Zeitpunkt gelang es auch dem ausgezeichneten Linksaußen Schnieke nicht mehr, entscheidend zum Ankurbeln des Spiels beizutragen. Trotzdem waren die Jenaer Stürmer schwer zu fassen, da sich bei ihrem Angriffsspieler kaum ein Spieler an seine feste Position gebunden fühlte. Ausgezeichnet verstand es auch das Außenläuferpaar Woitzat/Rahm, sich druckvoll in die Angriffsaktionen einzuschalten. Als dann aber die Erfurter, bei denen die Läufer Löffler, der mit dem Mute der Verzweiflung kämpfte, und Müller ebenfalls gute Mittelfeldkräfte darstellten, in ihrem Angriffsspiel stärkere Szenen hatten, verloren die Jenaer Läufer an Wert. Um aber die sattelfeste Motor-Abwehr aus den Angeln zu heben, hätte es einer anderen Sturmformation bedurft, als sie die Erfurter zur Verfügung hatten.
Bis zur 34. Minute, als ein verzweifelter Langschuß Jochen Müllers an der Jenaer Deckung abprallte und von Vollrath nach Rosbigalles Vorarbeit ins Netz geschossen wurde, sah nämlich das Sturmspiel der Gastgeber kläglich aus. Kein Spieler war in diesem Zeitraum dazu in der Lage, das Leder zu halten. So wie die Erfurter Abwehrspieler die Bälle nach vorn gaben, kamen sie auch postwendend zurück. Diese Feststellung gewinnt noch an Bedeutung, wenn man bedenkt, daß die Erfurter Läufer gut spielten, das magische Viereck aber trotzdem niemals zum Tragen kam. Abgerissen und ohne Harmonie, so rollte das Erfurter Angriffsspiel dahin. Und um ein Spiel durch den Elan eines einzelnen entscheiden zu können fehlte es auch in dieser Hinsicht bei den Erfurtern an allen Ecken und Enden. Natürlich hat auch Oehler, der Jenaer Mittelverteidiger, entscheidenden Anteil an dem Inschachhalten der Erfurter Fünferreihe, denn er organisierte seine Abwehr glänzend und war auch schlagtechnisch vollkommen auf der Höhe der Situation.
Trotz der krassen Überlegenheit der Jenaer in den technischen Belangen, hätte es sogar für den SC Turbine laufen können. Dann nämlich, wenn der ausgezeichnete Drehschuß von Vollrath I in der 63. Minute nicht von der Latte aufgehalten worden wäre. Wer weiß, ob der SC Motor dann noch die moralische Kraft gefunden hätte, das Spiel aus dem Feuer zu reißen. Zwei Minuten später als Pfeiffer einen Freistoß vonn links aufs lange Eck hob, brauchte der nach vorn geeilte Rahm nur noch einzuschießen.
Es war auf keinen Fall eine hochklassige Demonstration der reinen Fußballkultur. Zu verschieden waren die Mittel, die von beiden Mannschaften in die Waagschale geworfen wurden. Die einen, Motor Jena, intelligent, mit Freude am reinen Spiel. Die anderen, Turbine Erfurt, verkrampft, hart kämpfend und in erster Linie der Arbeit ihrer einsatzstarken, keine Mittel scheuenden Abwehrspieler vertrauend. Trotzdem aber ein Spiel; mit Tempo, Rasanz und großer Erbitterung geführt.
(Horst Schulakowski in "Die Neue Fußball-Woche" vom 19. März 1957)
Reserven : 3:0