1980/1981 ECII 8. Spiel: Benfica Lissabon - FC Carl Zeiss Jena 1:0

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Spieldaten
Wettbewerb EC II, Halbfinale Rückspiel
Saison Saison 1980/1981
Ansetzung Benfica Lissabon - FC Carl Zeiss Jena
Ort Estádio da Luz
Zeit Mi. 22.04.1981
Zuschauer 80.000
Schiedsrichter Patrick Partridge (England)
Ergebnis 1:0
Tore
  • 1:0 Reinaldo (59.)
Andere Spiele
oder Berichte

Aufstellungen

Trikotfarben
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Lissabon
Bento
Humberto
Veloso, Bastos Lopes I, Pietra
Carlos Manuel, Jorge Gomes (68. Jose Luis), Sheu (81. Vital)
Reinaldo, Nene, Chalana

Trainer: Baroti

Trikotfarben
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Jena
Hans-Ulrich Grapenthin
Rüdiger Schnuphase
Gert Brauer, Lothar Kurbjuweit, Wolfgang Schilling
Andreas Krause, Ulrich Oevermann (72. Gerhardt Hoppe), Dietmar Sengewald
Andreas Bielau , Jürgen Raab (20. Thomas Töpfer), Eberhard Vogel

Trainer: Hans Meyer


Spielbericht

Bravourös in das Finale gekämpft

Am Morgen des 1. April horchte Lissabon auf. Was da "Radio Comercial" meldete, verschlug den "Benfiquistas", den Anhängern des "Orgulho de Portugal" ("Stolz von Portugal") den Atem. "Benfica erreicht kampflos das EC-II-Finale. Jena zog seine Mannschaft wegen Verletzungsausfällen zurück." Das war wie Musik aus dem Äther. In Wahrheit: Ein deftiger Aprilscherz, schwarzer Humor auf Kosten des DDR-Pokalsiegers. Am vergangenen Mittwoch korrigierten die "Ausgeschiedenen" Benficas sehnlichsten Wunsch, zum sechsten Mal in ein EC-Endspiel einzuziehen. "Radio Comercial" wird nun erst recht den Spott ernten.

"Eine phantastische kämpferische Leistung der gesamten Mannschaft", resümierte Kapitän Lothar Kurbjuweit. "Diesen Triumph muß man genießen", freute sich Rüdiger Schnuphase. Jenas Stopper-Achse legte den Grundstein zur knappen, vertretbaren Niederlage. Ihr Respekt abnötigender Kampfgeist riß vor allem den offensiven Brauer und Krause mit, wobei dieser "Erfolg der Moral" (so Hans Meyer) durch Grapenthin in einer Art und Weise abgesichert wurde, die Benfica entsetzte und verzweifeln ließ. "Einfach unfaßbar, daß Jenas Torwart Reinaldos Kopfball aus wenigen Metern noch auf der Linie unter sich begrub", vermochte sich Benfica-Kapitän Manuel Jesus Humberto in der Kabine kaum zu beruhigen. Zwei Minuten vor dem Abpfiff des englischen Referees Patrick Partridge ("Meine Bewunderung gilt der physischen und psychischen Leistung des FC Carl Zeiss"), der bereits 1974 Jenas 0:0 im "Stadion des Lichts" gegen Benfica geleitet hatte, faszinierte Grapenthin die 80000 mit einer Blitzreaktion. "Nervensache, reine Nervensache", lächelte der "Lange". Er gab nicht mehr preis, was die gesamte Mannschaft in 178 vorausgegangenen Minuten in Jena und Lissabon mit äußerster Willensanstrengung auf der Habenseite gebucht hatte!

Lajos Baroti, ungarischer Coach der Portugiesen, legte den Finger auf die Wunde seiner Elf. "Spielerisch ist Benfica schon wieder europäische Spitze. Kämpferische Tugenden muß sie jedoch mit viel Fleiß erlernen." Auch Jena gelang es wie vorher Izmir, Zagreb, Malmö und Düsseldorf nicht gegen Benfica ein Auswärtstor zu schießen. Da die Zeiss-Städter jedoch mit dem Faustpfand des 2:0 von Jena wuchern konnten, hatten sie ein Auswärtstor auch gar nicht nötig. Nach sieben Minuten wurde es dennoch von Kurbjuweit mit einem unglaublichen 20-m-Freistoß in das rechte Dreieck erzielt. In der verständlichen Aufregung war Partridges Zeichen für "indirekt" jedoch übersehen worden. "Er hatte die Hand kurz oben. Schade um Lothars tollen Schuß", schilderte Rüdiger Schnuphase später die Szenerie.

"Benfica entfachte den von uns erwarteten Druck. Erstaunlich, daß die Mannschaft das hohe Tempo bis zum Abpfiff durchhielt", erklärte Zeiss-Assistenztrainer Helmut Stein. In der Tat, durch das Wiedermitwirken des eleganten Chalana im Mittelfeld und des energischen Offensivverteidigers Pietra wurde das Fehlen von Alves (zwei Verwarnungen) mühelos überspielt. Benfica zog alle Register seines technisch-taktischen Könnens. Das Repertoire der Portugiesen im ständigen Variieren des Kurz- und Steilpaß-Spiels war für Kenner der Materie eine Augenweise. "Nach dem Wechsel wurden wir noch stärker, als wir nicht nur durch die Mitte, sondern auch konsequent über die Flügel stürmten", so Han Sheu, dem Oevermann und später Hoppe nicht von der Seite wichen, um dem leichtfüßigen Dribbler keine Doppelpaßmöglichkeiten zu erlauben. "Ein Wadenkrampf zwang ihn zum Ausscheiden", erklärte Dr. Vieira de Fonseca, Benficas Mannschaftsarzt, den Wechsel zwischen Sheu und Vital. Ob allein, on mit gefühlvollen Pässen in den Lauf, ob mit gefährlichen Kopfbällen (Reinaldo) oder tückischen Ballablagen in den Raum, mit Effetflanken oder Eckbällen - jedes Mittel war den "Roten Teufeln" recht. Auch grobes Foulspiel, um Jena in die Knie zu zwingen.

Das Stadion kochte, als Reinaldos Kopfballaufsetzer Benficas Aufholjagd aus der Erfolglosigkeit riß. Krause (75.) und Kurbjuweit (87.) retteten mit letztem Einsatz auf der Linie, Schnuphase warf sich Humberto (87.) bravourös in den Nahdistanz-Schuß. Mancher Konterangriff der Thüringer (trotz des Verletzungsausfalls von Raab, der am Wadenbein getroffen wurde) glich dem Nadelstich, der den Gegner irritierte, ihn in Unruhe hielt. Aber wie schon die DDR-Auswahl beim 0:0-Länderspiel in Italien, so überzeugte auch Jena in Lissabon vor allem mit jener für unseren Fußball markanten Deckungsdisziplin, mit Fleiß und Hingabe, die dann für die Tüchtigen auch das Glück in petto hatte.

Jena im EC-II-Finale - "ein Traum wurde wahr", sagte "Matz" Vogel schlicht und einfach. Die Empfindungen des Oldtimers waren die der gesamten Elf.

(Günter Simon in "Die Neue Fußballwoche" vom 28. April 1981)